Montag, 12. Juli 2021

Sonderprüfungen durch die Interne Revision

Teil 3: Durchführung von Interviews und Berichterstattung bei Sonderprüfungen

Jan Meyer im Hagen, Geschäftsführer, FCH Consult GmbH

 

Im ersten Teil dieses Beitrags zu den Sonderprüfungen durch die Interne Revision („Was Sie bei der Einleitung einer Sonderprüfung beachten müssen!“, vgl. BTS Revision, Mai 2021) haben Sie erfahren, unter welchen Umständen eine Sonderprüfung durch die Interne Revision geboten erscheint und wie Sie die Prüfung einleiten. Im zweiten Teil („Beachtung von Datenschutz und Mitbestimmung bei Sonderprüfungen“, vgl. BTS Revision, Juni 2021) wurde aufgezeigt, wie im Rahmen von Sonderprüfungen mit personenbezogenen Beschäftigtendaten, z. B. bei Datenauswertungen, umzugehen ist.

In diesem Beitrag geht es um ausgewählte Aspekte der Prüfungsdurchführung (insbes. Interviews) und die Berichterstattung. Bitte beachten Sie, dass sich die erforderlichen Prüfungshandlungen im Rahmen einer Sonderprüfung stets an den Umständen des Einzelfalls ausrichten. Die Darstellungen können daher nicht vollständig sein, sollen Ihnen aber wichtige Hinweise für die Prüfungspraxis geben.

1. Durchführung von Interviews

Im Rahmen von Sonderprüfungen werden stets Interviews mit Mitarbeitern geführt. Dabei ist zwischen Interviews mit beteiligten Mitarbeitern bzw. Führungskräften und „tatverdächtigen“ Mitarbeitern zu unterscheiden. Eine „Tat“ kann sowohl eine Straftat (z. B. Diebstahl oder Betrug) als auch ein gravierender Verstoß gegen eine interne Anweisung darstellen.

Die Prüfungsmethode „Prüfung durch Befragung“ oder „Interview“ kann zu jeder Phase der Prüfungsdurchführung eingesetzt werden. In der Praxis wurden zu diesem Zeitpunkt aber bereits mehr oder weniger gesicherte Erkenntnisse aus Datenanalysen oder Einzelfallprüfungen gewonnen. Ziel eines Interviews ist die Sammlung von Informationen bzw. die Erläuterung und weitere Aufklärung von bisher festgestellten Vorgängen und Sachverhalten. Wenn das Interview mit einem „tatverdächtigen“ Mitarbeiter geführt wird, sollte das Ziel des Interviews die vollständige Offenlegung der Beweggründe und der sich tatsächlich zugetragenen Abläufe sein. Jeder Mitarbeiter des Instituts ist im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Pflichten zur Mitwirkung bei der Aufklärung von Sachverhalten – auch wenn sie ihn selbst betreffen – verpflichtet. Dazu gehört auch die Verpflichtung zu einer Teilnahme an einem Interview bzw. zur Abgabe einer Stellungnahme. Bereits bei der Einladung von Mitarbeitern sollte eine Begleitung durch ein Betriebs- oder Personalratsmitglied angeboten werden, sofern personalrechtliche Konsequenzen drohen. Diesbezüglich hat auch die Interne Revision institutsspezifische Betriebs- oder Personalvereinbarungen zu beachten.

Sofern sich ein Tatverdacht im Gesprächsverlauf erhärtet bzw. bestätigt wird, sollte der Revisor möglichst erreichen, dass alle Karten auf den Tisch gelegt werden. Je nach Sachverhalt und Schadensumfang sollte dieses Geständnis schriftlich (ggf. auch im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme) dokumentiert werden. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, im Anschluss an das Interview ein notarielles Schuldanerkenntnis einzuholen. Derartige Geständnisse müssen stets vom Mitarbeiter selbst formuliert und ohne Zwang ausgeführt werden. In der Praxis hat sich bei Verfehlungen aller Schweregrade gezeigt, dass die betroffenen Mitarbeiter sehr erleichtert reagieren, wenn endlich alles gesagt ist. Das ist vor allen Dingen darauf zurückzuführen, dass die Vertuschung von Verfehlungen bzw. Straftaten und die ständige Angst vor der Entdeckung sehr kräftezehrend sein können.

Häufig ist festzustellen, dass minderschwere Verstöße gegen interne Anweisungen bei der Bemessung des Ausmaßes personalrechtlicher Sanktionen eher wohlwollend behandelt werden, wenn der entsprechende Mitarbeiter sein Fehlverhalten vollständig zugibt und glaubwürdige Reue zeigt. 

Für den Fall, dass es zu keinem Geständnis kommt, sich ein schwerwiegender Tatverdacht aber nicht entkräften ließ, muss das Ergebnis des Interviews validiert werden, wenn dieses in den Bericht aufgenommen werden soll. Diese Validierung kann durch ergänzende Einsicht in Unterlagen, den Nachvollzug anhand von Dokumentationen oder die unabhängige Befragung weiterer Beteiligter erfolgen. Auch in dieser Phase können Datenanalysen eingesetzt werden. Ggf. werden auf der Grundlage weiterer Erkenntnisse ein oder mehrere weitere Interviews mit dem tatverdächtigen Mitarbeiter erforderlich.

Interviews im Rahmen von Sonderprüfungen sollten stets mittels eines Interviewleitfadens vorbereitet werden. Ggf. kann eine schriftliche Bestätigung der getroffenen Aussagen (Stellungnahme) im Nachgang zu einem Gespräch eingeholt werden. Die Ergebnisse des Interviews und die Chronologie der Prüfungshandlungen müssen unveränderlich dokumentiert werden, denn sie dienen im Fall von Gerichtsverhandlungen ggf. als Beweismittel. In der Praxis sollten daher jede Kommunikation, jede Prüfungshandlung und jedes Gespräch zeitlich (mit Uhrzeit!), inhaltlich nachvollziehbar und lückenlos dokumentiert werden.

Interviews im Rahmen von Sonderprüfungen sollten seitens der Internen Revision stets zu zweit durchgeführt werden. Dabei hat sich eine Aufteilung der Rollen in der Praxis bewährt: Ein Interviewer führt das Gespräch, der andere konzentriert sich auf die Protokollierung (möglichst detailliert inkl. Verhaltensbeobachtung). Dabei wird empfohlen, dass sich die zweite Person im Hintergrund hält.

Bei der Durchführung von Interviews ist auf angemessene Rahmenbedingungen (Wahl eines abgelegenen Besprechungsraums, das Angebot von Getränken und ausreichende Pausen) zu achten. Während der Gesprächsführung ist jede Form der Bedrohung bzw. des Zwangs zu vermeiden. Insbesondere kann das Gespräch auf Wunsch des Mitarbeiters jederzeit abge- oder unterbrochen werden.

Wie bei jedem Interview gilt auch für Interviews bei Sonderprüfungen:

  • Vermeiden Sie voreilige Bewertungen und geschlossene Fragen!
  • Beobachten Sie auch die Körpersprache! 

Die Interviews sollten stets fair und sachorientiert geführt werden. Gleichzeitig ist es erforderlich, dass der Revisor eine Form der persönlichen Beziehung bzw. ein Vertrauensverhältnis zum Interviewpartner aufbaut. Es erfordert Fingerspitzengefühl und Erfahrung, die Interviewziele zu erreichen. Auch kritische Interviews sollten wertschätzend abgeschlossen werden. Dabei geht es nicht darum, Verständnis für die Tat zu zeigen. Vielmehr sollten die noch einzureichenden Unterlagen mit Einreichungsterminen nochmals wiederholt und die weitere Vorgehensweise transparent dargelegt werden.

2. Berichterstattung

Nach Abschluss der Prüfungshandlungen werden die festgestellten Tatsachen im Rahmen eines ausführlichen Prüfungsberichtes an den Vorstand und ggf. weitere Stellen im Institut berichtet. Folgende weitere Stellen kommen dabei u. a. in Frage:

  • Geldwäschebeauftragter/Zentrale Stelle
  • Datenschutzbeauftragter (bei entsprechenden Prüfungsfeststellungen)
  • Personalabteilung 

Da Berichte über Sonderprüfungen in der Regel personenbezogene Daten von Mitarbeitern enthalten, ist der Empfängerkreis des Berichts sehr restriktiv zu wählen. Daher sollte auch keine Vermischung von Sonderprüfungen mit Berichten über Prozessprüfungen erfolgen. Eine Information von Führungskräften und Prozessverantwortlichen erfolgt in der Regel nicht über die Berichterstattung der Internen Revision, sondern nach den Umständen des Einzelfalls durch den Vorstand in dessen Linienverantwortung. 

Ein wichtiger Punkt bei der Berichterstattung über Sonderprüfungen ist die Zeitnähe. Dabei ist zu beachten, dass eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund des Ergebnisses einer Sonderprüfung nur innerhalb von zwei Wochen nach Information einer kündigungsberechtigten Person (i. d. R. des Vorstands) erfolgen kann. Das bedeutet, dass die Interne Revision erst dann berichten darf, wenn die im Rahmen der Prüfungshandlungen festgestellten Tatsachen den revisionsinternen Qualitätssicherungsprozess durchlaufen haben. Der Zeitpunkt der Weiterleitung der Informationen bzw. des Berichts ist zu dokumentieren. Es ist möglich, dass im Rahmen einer umfangreichen Sonderprüfung auch Teilberichterstattungen erfolgen können, wenn einzelne Sachverhalte bereits abschließend beurteilt werden können. Das schließt dann einen Fortgang der Untersuchung nicht aus. Auf jeden Fall muss sowohl der Prozess der Prüfungsdurchführung als auch die revisionsinterne Abstimmung der Berichterstattung stringent und gleichzeitig gründlich erfolgen. Die Abwicklung einer Sonderprüfung muss daher innerhalb der Internen Revision mit ausreichenden Ressourcen und mit hoher Priorität unterlegt werden. Wenn die hierfür vorgesehenen Planreserven nicht ausreichen, ist die Revisionsleitung verpflichtet, weitere externe Ressourcen hinzuzuziehen oder den Prüfungsplan zu ändern.

Neben den oben bereits angesprochenen Prüfungshandlungen zur Validierung der etwa im Rahmen von Interviews gewonnenen Erkenntnisse findet im Fall von Sonderprüfungen keine Schlussbesprechung eines Berichtsentwurfs statt. Der Internen Revision wird daher angeraten, sich bei komplexeren Fällen ergänzenden externen Rat einzuholen (z. B. durch einen Spezialisten für Sonderprüfungen oder durch einen Anwalt für Arbeitsrecht). Das gilt insbesondere für den Fall, dass die Tat durch die Prüfung nicht bewiesen werden konnte, aber weiterhin der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung des Arbeitnehmers besteht. Hier ist zu beachten, dass eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für das Fehlverhalten vorliegen muss, damit aufgrund dieses Prüfungsergebnisses im Nachgang ggf. eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden kann. 

 

PRAXISTIPPS

  • Die gesamte Kommunikation und die Prüfungshandlungen und -ergebnisse im Rahmen einer Sonderprüfung sind nachvollziehbar und vollständig zu dokumentieren.
  • Bereiten Sie Interviews im Rahmen von Sonderprüfungen stets mittels eines Interviewleitfadens vor. Interviews sollten zu zweit durchgeführt werden. Die Erkenntnisse aus Interviews müssen in der Regel durch ergänzende Prüfungshandlungen validiert werden.
  • Die Berichterstattung der Internen Revision hat sich bei Sonderprüfungen stets auf Fakten und gesicherte Prüfungserkenntnisse bzw. – im Ausnahmefall – auf eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für das Fehlverhalten zu beschränken. Die Berichterstattung sollte möglichst zeitnah erfolgen und darf keinen konkreten Vorschlag bzw. indirekte Vorgaben für personalrechtliche Konsequenzen enthalten.

Beitragsnummer: 18269

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