Mittwoch, 30. Juni 2021

Mehr eigener Spielraum in der Betriebsratsarbeit

Wie Betriebsräte (m/w/d) durch Supervision den Spielraum erweitern, um ihre Aufgaben – auch die des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes – erfolgreicher zu erfüllen.

Dr. Michaela Theißen, Rechtsanwältin und Mediatorin, Carl Heinrich Knoche & Partner Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mbB, Düsseldorf; Supervisorin, Gernat und Theißen MIndStylisten GbR, Düren

Das Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (kurz: Betriebsrätemodernisierungsgesetz) hat es in sich. Es ist noch nicht in Kraft getreten. Im Laufe des Sommers 2021 wird es wohl so weit sein. Es kommen mit der Gestaltung mobiler Arbeit und der Einbeziehung Künstlicher Intelligenz weitere komplexe Themen auf Betriebsräte zu.

Die Themen haben es in sich. Es geht nicht allein darum, sie inhaltlich zu bewältigen, auch wenn Sachverständige den Betriebsrat bei inhaltlichen Fragen unterstützen können. Mobiles Arbeiten und Künstliche Intelligenz sprechen in besonderem Maße die Haltungen und Werte der Betriebsratsmitglieder und auch des Betriebsrates als Gremium an: 

  • Selbst scheinbar klare Aspekte mobiler Arbeit – Arbeitszeit, Arbeitsplatz, Abstimmungsprozesse, Erreichbarkeit, Datenschutz – haben Bewertungsspielräume und können unterschiedlich gesehen werden. Die Sichtweise der Arbeitnehmer und des Arbeitgebers tun ihr übriges. Das alles ist normal.
  • Aber dient eine Vereinbarung zur mobilen Arbeit auf betrieblicher Ebene nun dazu, die Gefahren der Entgrenzung von Privat- und Arbeitsleben zu reduzieren oder liegt ihr Ziel eher in der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Geht es um Sicherheit oder um Freiheit? Oder stehen andere Werte im Vordergrund?
  • Wie stehen Sie zu Künstlicher Intelligenz? Macht Sie Ihnen eher Sorgen? Vertrauen Sie darauf, dass diese Technologie beherrschbar bleibt? Glauben Sie an den damit verbundenen Fortschrittsgedanken?

Diese Fragen sind berechtigt, ja sogar notwendig. Die bestmögliche Gestaltung von mobiler Arbeit und Künstlicher Intelligenz im Interesse der Beschäftigten und des Unternehmens ist gleichwohl möglich, wenn Betriebsräte in den Mitbestimmungs- und Entscheidungsprozessen ihre Erfahrungen, Haltungen und Werte einbringen können und bereit sind, erweiterte Perspektiven zu finden und einzubeziehen – wenn also ein erweiterter Spielraum besteht und genutzt werden kann.

Wie finden und gestalten Betriebsräte ihren Spielraum? – Durch Supervision!

Supervision bietet Betriebsräten persönlich und auch dem Betriebsrat als Gremium den gesuchten notwendigen Spielraum, um Themen zu klären und zu tragfähigen Entscheidungen zu kommen. Sie bietet einen geschützten Raum, um anstehende Themen und Fragestellungen – große, aber auch kleine – ergebnisoffen zu reflektieren. Die gemeinsame Reflexion bietet sich an, wenn unterschiedliche Haltungen und Vorstellungen der Betriebsratsmitglieder eine Rolle spielen, die zu Uneinigkeit und zu Konflikten führen können. 

Das Ziel der Supervision ist es, die Teilnehmenden bei der Gestaltung und Entwicklung der nächsten Handlungsschritte zu unterstützen und Ressourcen zu finden. Das hat den Vorteil, dass die beteiligten Betriebsräte ihre Sicht der Dinge einbringen können. Haltungen und Werte werden sichtbar. Ein gemeinsames Verständnis entsteht. Zusätzliche Perspektiven und Handlungsoptionen können auf dieser Grundlage entwickelt werden und eröffnen so dem Betriebsrat neue gemeinsame Gestaltungsspielräume. Supervision hilft, den Betriebsrat und seine Mitglieder zu stärken.

Die Supervision wird durchgeführt von einem Supervisor oder einer Supervisorin und begleitet den Betriebsrat im Mitbestimmungsprozess – wenn gewünscht – oder anlassbezogen. Betriebsräte kennen den Moment, wenn ein Impuls erforderlich ist, um einen stockenden Prozess wieder geschmeidig zu machen. Dann sollte die Einladung einer Supervisorin oder eines Supervisors erfolgen.

Wichtig ist: 

Supervision ist keine Beratung im klassischen Sinne. Betriebsräte sind bereits Experten ihrer Arbeit. Die Betriebsratsarbeit fordert Betriebsräte jedoch nicht nur in fachlicher, sondern vermehrt auch in persönlicher Hinsicht. Neben Kommunikations- und Konfliktlösungskompetenzen ist insbesondere die Reflexion der entscheidende Gesichtspunkt, um die anstehenden Themen der Digitalisierung und der KI zu meistern. Über die Reflexion schaffen Betriebsräte sich ein erweitertes Verständnis der konkreten maßgeblichen Umstände, eine erhöhte Kreativität für mögliche Lösungsoptionen und eine sichere Grundlage für Entscheidungen – auch der kleineren Schritte. Das gilt selbstverständlich nicht nur für die Anforderungen nach dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz, sondern ebenso für die Erfüllung der übrigen Aufgaben des Betriebsrates. Supervision unterstützt die Betriebsräte in ihrer Arbeit.

Bereits eine kurze Supervision von zwei bis drei Stunden kann hier wahre Wunder bewirken (jedenfalls empfinden manche Menschen dies so). Sie ist möglich für jedes Betriebsratsmitglied persönlich und/oder für den Betriebsrat als Gremium. Erweitern Sie Ihren Spielraum!

So erfahren Sie mehr über Ihre Spielräume

Sie sind willkommen, wenn Sie sich über die Möglichkeiten der Supervision für Ihre Betriebsratsarbeit näher informieren möchten. Sie werden die Herausforderungen im Zusammenhang mit Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz und dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz besser meistern.

Interessiert, mehr zu erfahren und Ihre eigenen Spielräume zu öffnen? Wir sind neugierig und freuen uns auf Ihre Anmerkungen und Fragen.

Und wenn das nicht hilft oder Sie nicht gut weiterkommen: Dann finden Sie positive Ansätze und wirksame Impulse durch Supervision – mit einem Supervisor oder einer Supervisorin Ihres Vertrauens – wenn Sie dies wünschen.

PRAXISTIPPS

  • Kommunikation ist eine komplexe Angelegenheit: Nicht nur bei Fragen des mobilen Arbeitens und der Künstlichen Intelligenz. Wenn es schwierig wird – persönlich, im Gremium, mit dem Arbeitgeber, vor der Einigungsstelle: Behalten Sie den Zugriff auf Ihre Ressourcen und Kompetenzen, die Sie als Betriebsrat auszeichnen. 
  • Auch Betriebsräte können und müssen in neuen Kontexten nicht alles wissen. Gleichwohl: Achten Sie auf eine offene und wertschätzende Haltung. Neues birgt Chancen. Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie vernünftigerweise brauchen, um sorgfältig Entscheidungen auf einer ausreichenden Informationsgrundlage zu treffen.

Beitragsnummer: 18261

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