Mittwoch, 19. Mai 2021

Plethora der EU-ESG-Regulierung

Wie man im Dschungel der EU-ESG-Anforderungen den Überblick behält.

Stefan Frisch[1], Director, PB/IPB Compliance Germany, Deutsche Bank AG.

I. Einleitung: EU-Kommission treibt den 2018 Sustainable Finance Action Plan[2] voran 

Die Implementierung der nachhaltigkeitsbezogenen EU-OffenlegungsVO (SFDR – VO (EU) Nr. 2019/2088)[3] auf Level-1-Ebene zum 10.03.2021 hat die Marktteilnehmer – FMPs (Art. 1 Abs. 11 SFDR) und FAs (Art. 1 Abs. 1 SFDR) – in Atem gehalten. Die Level-2-RTS-Ebene[4] steht aus. Neue Meilensteine stehen an. Das belegen die Presseerklärung inklusive „Factsheet: EU sustainable finance: April package“ bzw. die Kommunikation der EU-Kommission vom 21.04.2021[5]. Bisherige Meilensteine sind die Taxonomy Regulation (TR)[6], die Climate Benchmarks Regulation (CBR)[7] und die SFDR. Neue Meilensteine des April 2021-Pakets sind die Entwürfe zur Delegierten VO zur TR[8], zur neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)[9] und zu sechs Delegierten Akten[10]. Zeit für eine Pause gibt es also nicht. Die dramatischen Folgen des Klimawandels sind real. Daher hat die Europäische Kommission am 06.07.2021 mit dem „A new Sustainable Finance Strategy“ den „2018 Action Plan“ erweitert, dies mit „six sets of actions“.[11] Davon kann hier nur kurz der European Green Bond Standard (EUGBS)[12] angesprochen werden. Noch im April 2021 sprach die AFME (Association for Financial Markets in Europe) in dem Report „ESG Disclosure for Banks and Capital Markets in Europe“ von einer Fülle (griechisch: Plethora) an EU-Anforderungen. Die Fülle war absehbar[13], die Kohärenz der Anforderungen ist teilweise noch unklar. Sorgte in Deutschland der Beschluss des BVerfG vom 24.03.2021[14] zum Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) vom 12.12.2019[15] und Art. 20a GG für Aufmerksamkeit, geht der Blick in der EU nach Brüssel. Global sind z. B. die USA unter der Biden-Administration auf den ESG-Zug aufgesprungen. Die SEC hat dem Thema ESG eine Webpage[16] gewidmet, am 04.03.2021 publizierte sie die Einsetzung einer Taskforce[17]. Der Beitrag beleuchtet die Regulierungsentwicklung und die praktische Umsetzung, d. h. Prozesse, Systeme und interne Kontrollen (vgl. C(2021) 2616 final der EU-Kommission v. 21.04.2021, S. 9, Erw. (3), zur Änderung der DV (EU) 2017/565 zur MiFID II). Wichtig ist aus Compliance-Sicht eine effektive Verhinderung „unlauterer Verkaufspraktiken und Greenwashing“ beim Vertrieb von nachhaltigen Finanzprodukten (vgl. C(2021) 2616 final, S. 10, Erw. (8)). Die AFME spricht (S. 8) in den „ESG Disclosures“ von „preventing the risk of green-washing, capital misallocation, conflicts of interest, and product mis-selling“.   

 

II. Momentaufnahme der EU-Regulierung und Anforderungen an die praktische Umsetzung

1. SFDR (VO (EU) Nr. 2019/2088)

a) SFDR Level 1  

Die SFDR vom 27.11.2019 trat am 29.12.2019 in Kraft. Seit dem 10.03.2021 sind wichtige Teile anwendbar (Art. 20 Abs. 2 SFDR). Die SFDR regelt, wie Finanzmarktteilnehmer (FMPs) inklusive Asset Manager und Finanzberater (FAs) nachhaltigkeitsbezogene Informationen an End-Investoren und Anteilseigner offenlegen müssen, teilweise auf Ebene der Rechtseinheit (Art. 3, 4, 4 Abs. 3 u. 4 (30.06.2021), 5 SFDR), teilweise produktbezogen (Art. 6, 7 bzw. 8, 9 SFDR), wobei zwischen vorvertraglicher Information und periodischen Berichten (Art. 11 SFDR) unterschieden wird. JC 2021 06 gibt zur zeitlich abgestuften Anwendbarkeit von Art. 7 und 8 SFDR (und Art. 6 TR) bzw. Art. 9 SFDR (und Art. 5 TR) bzw. Art. 11 SFDR (und Art. 5–6 TR) einen Überblick. FMPs legen die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken auf ihren Internetseiten und in vorvertraglichen Informationen offen (Art. 3 u. 6 SFDR). Auch die Vergütungspolitik (Art. 5 SFDR) ist ein Thema. Die auch für andere Regulierungsbestandteile des EU-Aktionsplans[18] wichtige Definition von Nachhaltigkeitsrisiko findet sich in Art. 2 Nr. 22 SFDR: „»Nachhaltigkeitsrisiko« (ist) ein Ereignis oder eine Bedingung in den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung, dessen beziehungsweise deren Eintreten tatsächlich oder potenziell wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert der Investition haben könnte“.  [...]
Beitragsnummer: 18225

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