Mittwoch, 19. Mai 2021

AG Hamburg zum neuen StaRUG

Andrea NeuhofRechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

 

Auch das Amtsgericht Hamburg hat bereits zum neuen StaRUG entschieden. Das Gericht hat mit Beschluss vom 12.04.2021 – 61a RES 1/21 – (Beck RS 2021, 7959) den ihm vorgelegten Restrukturierungsplan auf Antrag des Schuldners bestätigt. Dort war im Rahmen der Planabstimmung zwar in der zweiten von drei Gruppen die erforderliche ¾-Mehrheit nicht erreicht worden. Das Gericht sah jedoch die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 StaRUG als gegeben an. Dieser sieht vor, dass die Zustimmung in einer Plangruppe, in der die nach § 25 Abs. 1 StaRUG erforderliche Mehrheit nicht erreicht wird, trotz fehlender ¾-Mehrheit als erteilt gilt, wenn die Mitglieder dieser Gruppe durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden als sie ohne einen Plan stünden (Nr. 1), die Mitglieder dieser Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf Grundlage des Plans den Planbetroffenen zufließen soll (Nr. 2) und die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat (Nr. 3).

Hierbei setzt sich das AG Hamburg insbesondere mit dem Merkmal des Nichtschlechterstellens auseinander. Das Gericht teilt hierzu zunächst die Auffassung von Herzig (in: Braun, StaRUG, § 26 Rdnr. 5), wonach als Vergleichsmaßstab für die nicht schlechter Stellung nicht automatisch ein Insolvenzverfahren mit einem Liquidationsszenario heranzuziehen, sondern vielmehr grundsätzlich auf das nächstbeste Alternativszenario abzustellen sei. Sofern sich aber kein konkretes und verlässliches Alternativszenario unter Ansatz von Fortführungswerten darstellen lasse, sei die Insolvenz des Schuldners Vergleichsmaßstab.

 

PRAXISTIPP

Im vorliegenden Fall hatten weder die Schuldnerin noch die Planbetroffenen, die den Restrukturierungsplan abgelehnt hatten, ein konkretes und verlässliches Alternativszenario zum Restrukturierungsplan unter Ansatz von Fortführungswerten dargelegt. Mangels konkreter Vergleichsmöglichkeiten ist das Gericht daher in Anlehnung an die entsprechenden Einlassungen der Schuldnerin konsequenterweise von einem Insolvenzszenario als Alternative zum Restrukturierungsplan ausgegangen. In diesem Zuge kam es zu dem Ergebnis, dass die Plangegner – vorliegend aus der Gruppe der Gesellschafter und nahestehende Unternehmen – durch den Restrukturierungsplan nicht schlechter stünden als im Falle eines Insolvenzverfahrens.

Für die Praxis wird man hieraus die Konsequenz zu ziehen haben, dass Plangegner im Streitfall tunlichst genau darlegen sollten, welche Alternativszenarien aus ihrer Sicht bestünden und dass sowie warum sie davon ausgehen, durch den Restrukturierungsplan im Vergleich zu diesen schlechter gestellt zu werden.

Dies ist nicht nur im vorliegend zu entscheidenden Fall der Zustimmungsfiktion nach § 26 Abs. 1 StaRUG wichtig, sondern auch im Falle der Überstimmung eines Plangegners – etwa auch eines betroffenen Gläubigers. Dieser kann grundsätzlich den in § 64 StaRUG geregelten Minderheitenschutz geltend machen, wenn er durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich schlechter gestellt wird als er ohne den Plan stünde. Voraussetzung ist allerdings, dass der Überstimmte gemäß § 64 Abs. 2 StaRUG bereits im Abstimmungsverfahren dem Plan widersprochen und geltend gemacht hat, dass er durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird als er ohne Plan stünde. Ist die Planabstimmung in einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin erfolgt, muss der Antragsteller spätestens in diesem Termin glaubhaft machen, durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt zu werden.

Zusammenfassend lässt sich damit sagen, dass das StaRUG zwar durchaus den Schutz überstimmter Planbetroffener im Blick hat, diese jedoch zur Wahrung ihrer Rechte rechtzeitig und dezidiert vortragen müssen, um in den Genuss der für sie vorgesehenen Schutzmechanismen zu kommen. Anderenfalls besteht für sie das realistische Risiko einer Planbestätigung zu ihren Lasten. 

 


Beitragsnummer: 18222

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