Sonntag, 25. April 2021

Kreditsicherheiten: Wertverläufe pragmatisch ermitteln

Frank Schottenheim, Director Financial Institutions, Risikomanagement, PS Team GmbH

 

Mit den novellierten Richtlinien zur Kreditvergabe und -überwachung stellt die EBA hohe Anforderungen an Finanzinstitute – sowohl hinsichtlich des Zeitplans als auch der Transparenz des gesamten Risikomanagements. Mitunter sind bereits in Bestandssystemen Möglichkeiten angelegt, regulatorische Vorgaben zu erfüllen. Mit dem Asset-Register PS DataCollect lassen sich nun auch Sicherheiten bewerten.

 

I. Neue EBA-Leitlinien: die Kreditinstitute sind gefordert

1. Auf Kante genähter Zeitplan

Zwar werden die neuen EBA-Leitlinien erst im Juni 2024 für alle Darlehen wirksam, aber bereits Mitte dieses Jahres gelten sie für neue Kredite, ein Jahr später dann für neu verhandeltes Bestandsgeschäft. Der Zeitdruck ist hoch, sind doch viele Kreditinstitute gefordert, umfangreiche technologische Anpassungen in ihrem Risikomanagement vorzunehmen. Erst einmal fordern die Regulatoren eine vollkommene Transparenz technologiebasierter Modelle für die Kreditvergabe und -überwachung. Die Unternehmensberatung zeb leitet daraus ab: „Hinter dem Ergebnis stehende Strukturen sollten einen geringen Komplexitätsgrad aufweisen und leicht nachzuvollziehen/interpretierbar sein.“[1]

 

2. Dokumentation: Die IT muss nachsitzen

Für Unruhe sorgt eine weitere Anforderung: „Zum Zeitpunkt der Kreditvergabe, aber auch fortlaufend über den gesamten Kreditlebenszyklus sind korrekte und aktuelle Informationen zum Kreditengagement vorzuhalten.“[2] zeb folgert: „Trotz phasenweiser Umsetzung wird es für Institute herausfordernd sein, alle benötigten Daten aktuell, korrekt und jederzeit verfügbar vorzuhalten – insbesondere vor dem Hintergrund, dass IT-Bereiche bereits durch die zunehmende digitale Transformation und weitere regulatorische Projekte stark ausgelastet sind.“[3]

 

II. Auch in der Sicherheiten-Bewertung: pragmatische Lösungen gefordert

1. Man muss das Rad nicht neu erfinden

Im Vorteil sind die Kreditinstitute, die dazu in der Lage sind, Transparenz über den gesamten Bewertungsprozess herzustellen sowie entsprechende IT-Lösungen mit möglichst geringem Aufwand einzuführen. Naheliegenderweise setzen die Tools auf der vorhandenen Informationsbasis auf – vorausgesetzt, die Daten sind in einem verwertbaren Zustand. Als Grundlage bietet sich beispielsweise das Asset-Register PS DataCollect an. Damit Institute die Auflagen der europäischen Bankenaufsicht damit umsetzen können, wurde die Plattform erweitert: Das Bewertungstool „Valuation“ generiert Datensätze, die als Basis für eine Portfolio- oder Einzelbewertung sowie zum Backtesting eigener Wertansätze herangezogen werden können. Vor allem bei Kreditgebern für stationäre Maschinen schließt die Anwendung eine empfindliche Lücke: Anders als beispielsweise im Fahrzeugbereich sind Wertverläufe für diese Assets kaum aus externen Quellen zu beziehen. Daher sind Informationen ausgewählter Daten-Lieferanten hinterlegt, die kontinuierlich erweitert und aktualisiert werden.

 

2. Wertverläufe nach Geschäftszweck

Anwender können sich je nach Geschäftszweck zu jedem Objekt verschiedene Wertverläufe anzeigen lassen:

  • Der NRV (Net Realisable Value) gibt an, welcher Wert sich im Worst Case – wenn der Kreditnehmer in die Insolvenz geht – realisieren lässt. Einbezogen werden Faktoren, die auf den Preis drücken, wie etwa ein hoher Zeitdruck und die Notwendigkeit, das Asset schnell zu veräußern, sowie hohe Nebenkosten für De- und Remontage, Lagerung, Wiederinbetriebnahme und so weiter. Gegen die Amortisation aus Leasing oder Finanzierung gelegt, zeigt dieser Wertverlauf das Netto-Risiko des Engagements.
  • Der OLV (Orderly Liquidation Value) entspricht dem Händler-Einkaufspreis. Daraus ergibt sich auch die Untergrenze für die Restwertfestlegung bei einem Teilamortisations-Vertrag.
  • Der FMV (Fair Market Value) gibt den Marktwert eines Assets an, wie er im normalen Kaufgeschehen entsteht. Er wird bei Leasing-Gesellschaften oft als Obergrenze für die Restwertfestlegung bei einem Teilamortisations-Vertrag verwendet.

 

3. Standardbewertung, „Desktop-Recherche“ oder individuelles Gutachten

Wenn mehr Detailtiefe erforderlich ist, können die Finanzinstitute Zusatzdaten eingeben, um die Bewertung zu optimieren. So beeinflussen unter anderem Rang des Herstellers im Markt, Baujahr, Zustand, Wartung, Nutzungsintensität und die Region, in der die Maschine genutzt wird, deren Wert. Zudem ist es möglich, eigene Daten-Bestände sowie weitere Daten-Lieferanten zu integrieren. Neben der Bewertung auf Knopfdruck besteht etwa die Option „Desktop-Recherche“. Damit beauftragen die Nutzer einen der hinterlegten Dienstleister – allesamt professionelle Be- und Verwerter –, das Asset individuell zu bewerten. Ferner lässt sich ein Gutachten nach vorheriger Objektbesichtigung/-aufnahme erstellen.

 

III. Weniger Eigenkapital erforderlich

PS Team definierte die Anforderungen an das Bewertungs-Werkzeug gemeinsam mit Kunden in Frankreich und Deutschland. Die vom Regulator geforderte Bewertung lässt sich so mit geringem Aufwand in die bestehenden Prozesse integrieren und weitgehend rationalisieren. Vertreter von Finanzinstituten können schnell die Expertise abrufen, die sie benötigen, und gegebenenfalls über das Tool externe Experten zurate ziehen. Die Erweiterung des Asset-Registers löst zentrale Herausforderungen der Branche: Banken und Leasinggesellschaften setzen die EBA-Richtlinien um, ohne in margenschwachen Zeiten den Kostenapparat weiter wachsen zu lassen, und sie greifen auf Spezial-Know-how zu, das in Form von Spezialisten kaum zu haben, geschweige denn in dieser Breite zu finanzieren ist. Indem sie ihr Portfolio engmaschig überwachen, senken sie ihre Ausfallrisiken und müssen daher deutlich weniger Eigenkapital hinterlegen – gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil.

 

PRAXISTIPPS

  • Prüfen Sie, wie Sie regulatorische Anforderungen mit bestehenden Systemen umsetzen können, bevor Sie Projekte auf der grünen Wiese starten!
  • Achten Sie auf eine lückenlose Dokumentation Ihres Bewertungsprozesses!
  • Implementieren Sie für die Bewertung von Sicherheiten eine Lösung, die je nach Einsatzzweck verschiedene Wertverläufe ermittelt!

Beitragsnummer: 18179

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