Mittwoch, 31. März 2021

Immobilienrisiken nicht unterschätzen

Thomas Tränkner, Teamleiter Liquiditätsrisiko, Deutsche Kreditbank AG

 

Das Jahr 2020 und auch das aktuelle Jahr standen nicht nur im Zeichen der Corona-Krise, was bei vielen Banken und Sparkassen Herausforderungen im Bereich der Kreditrisiken und Liquiditätsrisiken mit sich brachte, sondern auch im Zeichen der sogenannten ESG-Risiken. Eine intensive Auseinandersetzung mit den neuen aufsichtsrechtlichen Papieren war bei fast allen Instituten die Folge. Daneben boten die TLTROs der EZB die Möglichkeit, bei vorhandenem Kreditwachstum, der Gewinn- und Verlustrechnung einen zusätzlichen positiven Schub zu verpassen.

 

Mit diesen Gegebenheiten rutschte ein anderes Thema ein bisschen in den Hintergrund, was jedoch nach wie vor für Kreditinstitute nicht zu unterschätzen ist – die Immobilienrisiken. Noch immer auf der Suche nach Aktiva, die wenigstens ein bisschen positive Rendite bringen, haben viele Kreditinstitute mittlerweile in ihren Bilanzen einige direkte und indirekte Verbindungen zum Immobilienmarkt. So ist in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme der Investitionen in das sogenannte Betongold, in Immobilien aller Arten und Verwendungszwecke zu beobachten.

 


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Auch, wenn es oft nicht gleich mehr als eine Milliarde Euro der Bilanzsumme ausmacht, wie bei der Volksbank Braunschweig/Wolfsburg, werden dabei alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt – von der Direktinvestition in Form von Zukäufen, über Bauträgermodelle neue Immobilien zu bauen, steuersparend in Tochtergesellschaften einzubringen, indirekt über Spezialfonds Immobilien zu bündeln oder clustern oder schließlich über Publikumsfonds an einem breiten Spektrum verschiedener Immobilien zu partizipieren. Damit sind nun die Risiken aus Immobilien nicht nur im Sicherheitenportfolio des grundpfandrechtlich besicherten Kundenkreditgeschäfts zu finden, sondern tauchen bilanziell auch in größerem Umfang in den Posten Sachanlagen, Beteiligungen und Wertpapiere auf.

 

Wesentlichkeitsbetrachtung

 

Für Kreditinstitute ist dieser Umstand im Rahmen des Risikomanagementprozesses bereits in der Risikoinventur relevant. Im jährlichen Prozess der Risikoinventur gilt es herauszufinden, welchen Risikofaktoren die einzelnen Investments wirklich ausgesetzt sind. Häufige Diskussionen um Zuordnungen zu “Beteiligungsrisiken” oder “Fondsrisiken” sollten den Blick nicht trüben, dass die treibenden Risikofaktoren hinter den Investments mit den Immobilienmärkten verknüpft sind. Im Kontext der Geschäftsmodelle zeigt sich bei einigen Kreditinstituten eine größere Abhängigkeit vom regionalen oder überregionalen Immobilienmarkt als vom Zinsmarkt. Und genau das sollte sich im Rahmen der Risikoinventur widerspiegeln – im Fazit als wesentliche Risikoart oder zumindest in der Risikokonzentrationsbetrachtung im regionalen, meist Wohnimmobilienmarkt.

 

Neben den nach den MaRisk geforderten erweiterten Prozessen und Dokumentationen im Zusammenhang mit der Wesentlichkeit von Risiken sind auch die Auswirkungen auf den SREP für die weiteren wesentlichen Risiken zu beachten.

 

Aufsichtsrechtlicher Rahmen

 

Die Wesentlichkeit eines Risikos zieht verschiedene Folgethemen nach sich. Neben der betriebswirtschaftlich sinnvollen Beschäftigung mit den Abhängigkeiten und Risiken des eigenen Unternehmens hat die deutsche Aufsicht im Nachgang zur Finanzkrise zum Beispiel das Thema Frühwarnung für die wesentlichen Risiken mehr in den Vordergrund gestellt. So schrieb die deutsche Aufsicht im Anschreiben zur Konsultation der 4. MaRisk-Novelle über die Wichtigkeit des frühzeitigen Erkennens von Risiken, dass „... Fehlentwicklungen schon in einem Stadium erkannt werden [sollen], in dem Gegensteuerungsmaßnahmen (noch) wirksam werden können...“. Die finale Textziffer in den MaRisk findet man unter AT 4.3.2 Tz. 2. Dabei weist die Aufsicht darauf hin, dass dies nicht unbedingt komplex konstruierte Indikatoren erfordert.

 

Darüber hinaus zeigt die Bundesbank regelmäßig in ihren Monatsberichten die Immobilienmarktentwicklung auf und betont ebenso den Sachverhalt der zukunftsbezogeneren Betrachtung der Risiken. So sollten Risiken umfassender berücksichtigt und in stärkerem Maße zukunftsorientiert beurteilt werden als dies bisher der Fall war.

 

Frühwarnprozess für Immobilienrisiken

 

Während ein Prozess für die Frühwarnfunktion von Risiken in einem Kreditinstitut standardisiert aufgesetzt werden kann, sind für die Immobilienrisiken einige spezifische Besonderheiten zu beachten. Der Standardprozess umfasst die Schritte des Sammelns und Auswertens von Daten für Frühwarnindikatoren, des Interpretierens der Signale beim Anschlagen der Indikatoren sowie das Einleiten von Maßnahmen. Flankiert wird der Prozess von einer regelmäßigen Überprüfung der Angemessenheit der Indikatoren und Kalibrierung der Warnschwellen. Gerade für diese Modellpflege bietet sich eine bereichsübergreifende Expertenzusammenarbeit an, um die Erfahrungen aus Markt, Marktfolge und Risikocontrolling einfließen zu lassen.

 

Für Frühwarnindikatoren von Immobilienrisiken ist zu beachten, dass es Einflüsse aus der Makrolage, also der allgemeinen Immobilienmarktentwicklung oder des wirtschaftlichen Umfelds, der Mikrolage, also z. B. aus standortbezogenen infrastrukturellen Risiken sowie schließlich auch aus objektbezogenen Bereichen, wie der Instandhaltung oder den Mietern geben kann.

 

Gerade für die durch die Corona-Krise ausgelösten Debatten rund um die Immobilienmärkte bieten sich Szenariobetrachtungen oder Simulationsrechnungen für das eigene Portfolio an, was z. B. die zukünftige Nutzung von Büroimmobilien angeht. Hier zeigt sich ein deutlich verändertes Nachfrageverhalten aufgrund einer möglichen höheren Rate an Mitarbeitern im Home-Office bzw. mit mobilem Arbeitsplatz.



 

Für Kreditinstitute ist insbesondere die Beobachtung der Immobilienmärkte wichtig, denn auch, wenn es sich um keine Blase handeln sollte, lohnt es sich trotzdem, die Rückschlagspotentiale und die Auswirkungen auf die Ertragslage und Risikotragfähigkeit zu analysieren.

 


PRAXISTIPPS

  • Beachten Sie im Rahmen der jährlichen Risikoinventur die Immobilienrisiken und mögliche Risikokonzentrationen daraus.
  • Sie sollten für die wesentlichen Risikoarten klar definierte Frühwarnindikatoren implementiert haben.
  • Etablieren Sie einen klar definierten Prozess der Risikofrühwarnung.
  • Verankern Sie die Immobilienrisiken sowie das Frühwarnsystem im Berichtswesen.

 

 


Beitragsnummer: 18113

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