Freitag, 12. März 2021

Kapitalabzugsrisiken – ein blinder Fleck auf der Risikolandkarte?

Über die Kündbarkeit und damit verbundene Risiken von Geschäftsguthaben bei Genossenschaftsbanken im Rahmen der Risikosteuerungs- und -controllingprozesse

WP/StB Dr. Michael WellmannFachlicher Leiter Kompetenzteam Risikomanagement,

Noel Opala, M.Sc., Spezialist Risikomanagement, beide AWADO GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft[1].

 


I. Einleitung

Nur wenige Rechtsformen unterliegen – ähnlich wie die Genossenschaftsbanken – der Gefahr, dass das Eigenkapital in Form des gezeichneten Kapitals kurzfristig abgezogen werden kann. So wird durch das Genossenschaftsgesetz bzw. die Satzung den Mitgliedern ein Kündigungsrecht zugesprochen, welches mit einer Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten zum Ende des Geschäftsjahres – teils jedoch länger – den Kapitalabzug ermöglicht[2]. Insbesondere in Zeiten von Kapitalknappheit in der normativen Perspektive – bedingt durch starkes Wachstum der Institute bei gleichzeitiger Erhöhung aufsichtsrechtlicher Eigenmittelanforderungen – erscheint die vermehrte Akquisition von Mitgliedern bzw. Geschäftsguthaben und damit hartem Kernkapital für viele Genossenschaftsbanken eine valide, strategische Handlungsoption.

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Dabei erwächst aus der vergleichsweise schnellen Kündbarkeit von Geschäftsanteilen und damit dem Verlust von benötigtem harten Kernkapital ein zusätzliches Risiko. Nach Art. 28 Abs. 1 e) CRR liegt das Geschäftsguthaben im Falle der Kündigung nicht mehr zeitlich unbegrenzt vor und ist demzufolge nicht mehr als Kernkapital im Sinne des Eigenmittelregimes anrechenbar[3]. Entsprechend den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) erscheint es insofern notwendig, Kapitalabzugsrisiken aus Geschäftsanteilen in der Risikoinventur und im Falle der Wesentlichkeit in die Risikotragfähigkeit und Risikosteuerungs- und -controllingprozesse einzubeziehen[4]. Dies leitet sich aus AT 2.2 Tz. 2 MaRisk ab, wonach Risiken, die sich auch auf die Vermögenslage (einschließlich Kapitalausstattung) abstrakt auswirken können, in der Risikoinventur einbeziehungspflichtig sind.

 


II. Über die Notwendigkeit zur Bildung von Eigenkapital

Allgemeinhin verfolgt die Bildung von Eigenkapital in Kreditinstituten keinen Selbstzweck. Vielmehr sehen sich Banken in der stetig voranschreitenden Regulierung, teils neuen Risiken (ESG-Risiken oder auch IT-Risiken)[5] und ansteigenden Anforderungen an die Qualität von Eigenmitteln ausgesetzt[6]. Teils befinden sich Banken zusätzlich im Wachstumspfad mit entsprechendem Kreditwachstum. Dabei ruft das Kreditwachstum keineswegs nur einseitig bzw. aktivische Kreditausfallrisiken hervor, passivisch kann mit dem Kapitalabzugsrisiko eine Beschränkung im Wachstumspfad einhergehen. Oftmals lässt sich das in der Praxis in Basis- sowie adversen Szenarien der Kapitalplanung bzw. normativen Perspektive ablesen.

Ebenfalls zu berücksichtigen sind sogenannte Klippeneffekte, die durch das Bucketsystem bzw. bestimmte Schwellwerte, eintreten und zu einer Ad-hoc-Veränderung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen führen. Mögliche Beispiele für solche Kennzahlen sind z. B. der SREP-Zuschlag. So ist bspw. denkbar, dass eine geringfügige Ausweitung (weiterer) wesentlicher Risiken zu einer Erhöhung der Kapitalunterlegung für sämtliche risikogewichteten Aktiva führt und damit ein Hebeleffekt auf die Eigenmittelunterlegung und -kosten entsteht.

BUCHTIPPS [...]
Beitragsnummer: 17089

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