Freitag, 30. April 2021

Rendite Trigger – Sustainability und ESG?

Nachhaltigkeit der neue Marktstandard oder doch nur ein Trend?

Funda Gündoğdu, PhD Student an der Eberhard Karls Universität Tübingen, Bankwirtschaft

 

I. Einführung

 

Das Thema Sustainability (Nachhaltigkeit) und die Bereiche Environmental, Social und Governance (ESG) rücken, bedingt durch die COVID-19-Pandemie sowie den anhaltenden Klimawandel, vermehrt in den Fokus der Politik, der Finanzmarktakteure sowie in den Fokus der Aufsicht von Finanzmarktakteuren. Immer mehr Menschen hinterfragen die Folgen ihres Handels. Vor diesem Hintergrund ergeben sich Chancen, aber auch Risiken, welche die Institute in ihrer Geschäfts- und Risikostrategie zu würdigen suchen. Die Anforderung nach mehr nachhaltiger Transparenz steigt für den gesamten Prozess der Wertschöpfungskette.

Der nachfolgende Beitrag erörtert die Entwicklung auf Seiten der Politik in Bezug auf die Maßnahmen der Gremien, welche mit Nachhaltigkeitsaspekten in Verbindung stehen. Gleichzeitig wird die Haltung der Finanzmarktaufsicht zu Themen der ESG und den hieraus resultierenden aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen dargestellt. Es ergeben sich Anforderungen für die Geschäfts- und Risikostrategie, sowie das Risikobewusstsein unter ESG-bezogenen Kriterien, auf die eingegangen wird.

Neben den aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen ist das immanente Thema der Daten von wesentlicher Bedeutung, um Key Performance Indicator (KPI) definieren und Ratings für Investments erstellen und die Anforderungen an die Offenlegung erfüllen zu können. Wie klassifiziere und beurteile ich ein Investment auf Nachhaltigkeit? Bestehen hier bereits Ratings, welche das Risiko von ESG eindeutig erfassen und bewerten, um eine Investment-Entscheidung treffen zu können? Welche Möglichkeiten bestehen hier, auf konsistente und valide Daten zurückzugreifen? Spezifische Anforderungen werden hieran gestellt.

Wie reagiert der Markt auf das Thema Nachhaltigkeit und Sustainable Finance? Der BVI – Bundesverband Investment und Asset Management e.V., Frankfurt, hat hierzu eine neue Studie veröffentlicht, auf die eingegangen wird. 

 

 

II. Klimawandel – Status Quo

 

Der Mensch ist für den Klimawandel verantwortlich, sagen Wissenschaftler. Dass es den Klimawandel gibt, ist unumstritten. Die Erhöhung des klimaschädlichen Kohlendioxids in der Erdatmosphäre verursacht ein Handeln, welchem man sich nicht abwenden kann.

Den größten CO2-Emissionswert verzeichnet einer Studie zufolge China mit 28 %, auf das die USA mit 15 % folgen.[1] Dies macht eine globale Betrachtung diesem Themengebiet gegenüber unabdingbar. Auf der internationalen Klimakonferenz in Paris im Dezember 2015 wurde das Pariser Abkommen beschlossen, in dem sich, nach vielen Jahren intensiver Verhandlungen, alle Staaten dazu verpflichtet haben, die Weltwirtschaft auf klimafreundliche Weise zu verändern; hierunter auch Deutschland. Das Ziel des Abkommens ist es im sogenannten Krypto-Protokoll alle Länder zu verpflichten, Beiträge zum Klimaschutz zu leisten.[2] 

Bereits jetzt hat der Klimawandel zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um etwa 1,0 °C geführt. Der weltweite Temperaturanstieg werde die im Pariser Abkommen vereinbarte 1,5 ⁰C-Marke wahrscheinlich schon zwischen 2030 und 2052 erreichen. Dies bestätigt der Weltklimarat (IPCC) in seiner Studie „Climate Change Synthesis Report“ aus 2014. Ein Anstieg des Klimas von 3,0 ⁰C beispielsweise würde entsprechend der Studie zu einem um 0,4 m bis 0,9 m Anstieg des Meeresspiegels führen, welches tiefliegende Küstenstädte und Küstenregionen in Gefahr brächte. Weitere Umweltkatastrophen könnten folgen; extreme Regenfälle, starke tropische Wirbelstürme, unkontrollierbare Feuer; 80-mal mehr Menschen wären extremen Hitzewellen ausgesetzt. Auch das Bruttoinlandsprodukt würde in diesem Zuge um 23 % abnehmen.[3]

Die Folgen sind unübersehbar: Die wirtschaftlichen Verluste durch Naturkatastrophen summierten sich nach Angaben der Rückversicherungsgesellschaft Munich Re 2020 weltweit auf 210 Milliarden US-Dollar, 26,5 % mehr als im Vorjahr. Etwa 60 % aller Schäden waren nicht versichert.[4]

 

 

III. Reaktion der Politik und der Finanzmärkte

 

Der Klimawandel nimmt vor diesem Hintergrund weiter an Bedeutung zu. Ursula von der Leyen hob in ihrer Rede im September 2020 als Präsidentin der Europäischen Kommission die Bedeutung der Klimaziele hervor. Das Ziel soll es werden, im Rahmen des EU Green Deal die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % zu reduzieren; bisher waren 40 % Reduktion geplant. Bis Juni 2021 steht der Gesetzgebung auch ein weiteres Ziel vor Augen. 37 % des insgesamt 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds NextGenerationEU sollen für die Ziele des EU Green Deals ausgegeben werden, hiervon sollen 30 % von NextGenerationEU über Green Bonds generiert werden.[5] Auch das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung enthält bereits Maßnahmen, welche ab 2021 tragend werden. So wurde zum 01.01.2021 eine Steuer auf Heiz- und Kraftstoffe eingeführt, welche mit 25 EUR/tCO2 beginnt und bis 2025 auf 55 EUR/tCO2 steigen soll. Die Luftverkehrsabgabe soll erhöht werden. Geplant ist, dass Deutschland bis 2038 komplett aus der Kohleverstromung ausscheidet und den Anteil erneuerbarer Energien nutzt. Dieser soll bis 2030 auf 65 % steigen. 2019 lag der Anteil bei 46 %.[6] 

Auch die Bundesregierung beschäftigt sich mit Nachhaltigkeitsthemen. Seit 2016 orientiert sich die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung (DNS 2021) an den 17 definierten Zielen der Vereinigten Nationen, den sog. Sustainable Developement Goals, um der Armut jeglicher Art ein Ende zu setzen, Ungleichheit zu bekämpfen und dem Kulturwandel zu begegnen. Der Sustainable Finance-Beirat, der am 06.06.2019 gegründet wurde, berät die Bundesregierung bei der Ausarbeitung und Umsetzung ihrer Sustainable Finance-Strategie. Die Weiterentwicklung der Sustainable Finance-Strategie, welche neu am 10.03.2021 beschlossen wurde, erforderte eine ganzheitliche Betrachtung aller Risiken (sowie Chancen) aus den definierten Bereichen „Environmental, Social and Governance“.[7] Aufgegriffen werden Themen zur Staatsverschuldung, Nachhaltigkeitsberichterstattung, „Grünen Transformation“ und Sustainable Finance, ESG-Reporting und Sustainable Governance.

Die weiterentwickelten Ziele der DNS 2021 betonen die große Bedeutung des Finanzsektors bei der Verwirklichung der „Grünen Transformation“. Die globalen, europäischen und nationalen Institutionen sehen in den Kreditinstituten, Versicherungen und Vermögensverwaltern einen wesentlichen Hebel zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele.[8] [...]
Beitragsnummer: 17079

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