Dienstag, 2. Februar 2021

Negativzinsen im Kreditgeschäft

Vertragsgestaltung in unsicherem Rechtsumfeld

Dr. Jörg Lauer, Rechtsanwalt, langjährige Geschäftsverantwortung im Immobilienfinanzierungsgeschäft im Landesbankenbereich, Lehrbeauftragter an der Akademie der Hochschule Biberach, Hemsbach


I. Einleitung

Ganz neu ist das Thema nicht, denn seit Ende 2014 wurden Referenzzinssätze wie EONIA oder EURIBOR[1] zunehmend negativ. Auslöser war und ist die Dauer-Niedrigzinsphase. Sie trifft sowohl Spar- als auch Kreditkunden. Die rechtlichen Grundlagen zu Negativzinsen im Anlagegeschäft eines Kreditinstitutes dürften als gefestigt angesehen werden; im Kreditgeschäft hingegen steht die Entwicklung gefestigter Konturen am Anfang. Gleichwohl besteht in den Kreditverhältnissen mit variabler Verzinsung hoher Bedarf an Regelungen mit dem Ziel, die wirtschaftlichen Auswirkungen der negativen Zinsen klarzustellen.  

 

II. Problemstellung 

Gerade im gewerblichen Immobiliengeschäft haben sich die Finanzierungsusancen geändert. Waren Investoren in Deutschland darauf ausgerichtet, innerhalb ihres Zeitfensters den möglichst günstigen Zeitpunkt zu treffen, um die Konditionen für ihre Immobilien-Investition langfristig fest zu vereinbaren, wurden nicht zuletzt unter dem Einfluss internationaler Marktteilnehmer  vermehrt variable Konditionen nachgefragt und vereinbart – und dies bei langen Fristen für die Kapitalbereitstellung; das durch kurze Zinsbindungsfristen entstehende Zinsänderungsrisiko während der Kreditlaufzeit wird mit sog. Hedging-Instrumenten begrenzt oder eliminiert. 

Die vertragliche Zinsregelung im variablen Bereich beruht auf Referenzzinssätzen, zuzüglich der institutsspezifischen Funding-Kosten und zuzüglich der vereinbarten Marge, welche grundsätzlich alle Kosten der Bearbeitung, die Standardrisiko- und die Kosten des durch das Geschäft gebundenen regulatorischen Eigenkapitals gemäß einer Vorkalkulation decken soll.

Mit der Niedrigzinsphase haben viele Kreditnehmer wieder gebundene Zinssätze (vgl. § 498 Abs. 5 Satz 2 BGB) gewünscht, in der Erwartung, die Zinssätze würden nicht weiter sinken. Bei denjenigen Kunden, die gleichwohl variable Zinsen bevorzugt haben, haben negative Referenzzinsen eine Reihe wirtschaftlicher und rechtlicher Fragen ausgelöst. Im Ergebnis hat ein Instanzgericht in einem Urteil, das zu einem auf variabler Grundlage zu verzinsenden Schuldscheindarlehen[2] ergangen ist, dem Kreditnehmer einen Anspruch auf Zahlung negativer Zinsen zugesprochen und damit eine Umkehr der Zahlungspflichten bewirkt. Die Kernfrage ist, ob negative Zinsen innerhalb eines Kreditverhältnisses zu Zahlungen des Kreditgebers an den Kreditnehmer und damit zu einer Umkehr der Zahlungsflüsse führen können.

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Beitragsnummer: 16047

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