Montag, 15. Februar 2021

Immobilien(risiken) in der Eigenanlage

Dominik Leichinger, Prüfungsleiter, Referat Bankgeschäftliche Prüfungen 2, Hauptverwaltung in NRW, Deutsche Bundesbank

Die in dieser Publikation vertretenen Auffassungen geben die persönliche Meinung des Autors wieder und sind nicht notwendigerweise Positionen der Deutschen Bundesbank oder einer anderen Bankenaufsichtsbehörde.

Auf der Suche nach Rendite in einem seit mehr als einer Dekade anhaltenden Niedrigzinsumfeld richten Institute im Bereich der Eigenanlagen zunehmend ihren Blick auf Immobilieninvestitionen. Neben direkten Immobilieninvestments auf der eigenen Bilanz werden Investitionen in Immobilien auch über Beteiligungs- oder Projektgesellschaften vorgenommen. Nicht zuletzt finden Immobilienrisiken auch über Anlagen in Immobilienfonds Eingang in die Bücher der Institute.

Zur Sicherstellung ihrer Risikotragfähigkeit haben Institute ihre als wesentlich eingestuften Risiken mit Kapital zu unterlegen. In Einklang mit dem überarbeiteten RTF-Leitfaden[1] haben Institute zwei unterschiedliche Perspektiven zur Beurteilung und Steuerung ihrer Risikotragfähigkeit einzunehmen. Neben einer normativen Perspektive, die einerseits die Fortführung des Instituts sicherstellen soll und andererseits auch die Kapitalplanung umfasst, ist auch eine ökonomische Perspektive einzurichten, die überwiegend der Zielsetzung des Gläubigerschutzes Rechnung trägt.

Da die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (CRR) keine Vorgaben zur Quantifizierung von Immobilienrisiken beinhaltet, sind diese zunächst im Rahmen der Risikoinventur institutsindividuell unter ökonomischen Gesichtspunkten zu bewerten. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Bewertung auf Basis der auf Gesamtinstitutsebene vorliegenden Immobilienrisiken vorzunehmen ist[2]. Sofern Immobilienrisiken als wesentlich eingestuft werden, sind diese in die Beurteilung der Risikotragfähigkeit einzubeziehen. 


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Im Vergleich zu anderen Risikoarten, wie beispielsweise Adressenausfall- oder Marktpreisrisiken, hat sich im Bereich der Quantifizierung von Immobilienrisiken bisher kein state-of-the-art Modell in der Finanzwirtschaft etabliert. Die bestehenden Methoden und Verfahren unterscheiden sich teilweise deutlich voneinander und reichen von komplexen Simulationsmodellen bis hin zu Szenarioanalysen.

Unter Berücksichtigung des in den MaRisk verankerten Grundsatzes der Methodenfreiheit ist von den Instituten sicherzustellen, dass die von ihnen eingesetzten Verfahren die institutsindividuelle Risikosituation valide abbilden. In diesem Zusammenhang ist die regelmäßige Überprüfung der Angemessenheit der eingesetzten Risikomessverfahren von zentraler Bedeutung. Insbesondere den Grenzen und Beschränkungen der eingesetzten Verfahren ist hierbei hinreichend Rechnung zu tragen[3].

Sowohl der Wohn- als auch der Gewerbeimmobilienmarkt in Deutschland verzeichnen seit der Finanzkrise in 2008 kontinuierliche Preissteigerungen. Insbesondere den deutschen Wohnimmobilienmarkt betreffend hat die Preisdynamik in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Im Finanzstabilitätsbericht aus 2019 konstatiert die Bundesbank beispielsweise, dass nach ihrer Einschätzung Wohnimmobilien in städtischen Gebieten bereits 2018 in einem Umfang von 15 % bis 30 % überbewertet waren[4].



Auch wenn die Effekte der seit mehr als einem Jahr anhaltenden Covid-19 Pandemie auf die Immobilienmärkte noch nicht vollständig absehbar sind, ergeben sich insbesondere steigende Risiken für einige Segmente von Gewerbeimmobilien. Aktuelle Analysen des Instituts der deutschen Wirtschaft kommen zu dem Ergebnis, dass Mietrückgänge um rd. 20 % bei Büroimmobilien in europäischen Metropolen nicht unwahrscheinlich sind[5].

Um die Risiken aus Immobilieninvestments angemessen abschätzen zu können, ist es ratsam aktuellen Entwicklungen (inkl. Nachhaltigkeitsaspekten) auch im Rahmen der Risikomessung hinreichend Rechnung zu tragen. Neben Erkenntnissen aus der quantitativen Risikomessung kann ein auf die institutsindividuellen Immobilieninvestments zugeschnittenes Frühwarnsystem zusätzlich wertvolle Impulse für das Immobilienrisikomanagement einerseits und zukünftige Anlageentscheidungen andererseits generieren. Darüber hinaus kann, über die im Rahmen eines Frühwarnsystems verwendeten Risikoindikatoren, eine Umsetzung des für Immobilienrisiken erklärten Risikoappetits erfolgen.


PRAXISTIPPS

  • Beurteilung der Wesentlichkeit von Immobilienrisiken im Rahmen der Risikoinventur. Neben einer ökonomischen Risikosicht sollte die Risikobeurteilung auf Gesamtbankebene erfolgen.
  • Mind. jährliche Überprüfung der Angemessenheit der zur Immobilienrisikomessung eingesetzten Verfahren.
  • Aufsetzen eines Frühwarnsystems, um rechtzeitig eine veränderte Risikosituation der Immobilienanlagen identifizieren zu können und geeignete Managementimpulse abzuleiten.

[1]  BaFin/Bundesbank, Aufsichtliche Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte und deren prozessualer Einbindung in die Gesamtbanksteuerung („ICAAP“) – Neuausrichtung, 24.05.2018.

[2]  Vgl. BaFin, Rundschreiben 09/2017 (BA), AT 2.2 Tz. 1.

[3]  Vgl. BaFin, Rundschreiben 09/2017 (BA), AT 4.1 Tz. 9.

[4]  Vgl. Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht 2019, S.10.

[5]  Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, IW-Report 28/2020.


Beitragsnummer: 16031

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