Montag, 25. Januar 2021

EBA GL 2020/06 Leitlinie für die Kreditvergabe und Überwachung

Aspekte der Bewertung von Immobilien unter Einbezug der aktuellen MaRisk-Konsultation.

Jürgen Müller, Leitender Berater der vdpConsultingAG

Am 29.05.2020 hat die EBA eine umfangreiche Leitlinie zur Kreditvergabe und Überwachung mit teilweise sehr detaillierten Regelungsinhalten veröffentlicht, die über die prinzipienbasierten MaRisk hinausgehen. Die Leitlinien gelten für SI direkt und für die LSI hat die BaFin gegenüber der EBA eine intend to comply-Erklärung (Umsetzung über neue MaRisk) abgegeben. Nachfolgend werden die Aspekte aus Abschnitt 7 der Leitlinie in Verbindung mit der 6. MaRisk-Konsultation mit Bezug zu den Immobilien-Sicherheiten beleuchtet. 

Der EBA-Abschnitt tritt zum 30.06.2021 planmäßig für SI in Kraft. Für LSI wird eine Umsetzung über die 7. MaRisk-Novelle kommen. Genaue Fristen sind nicht bekannt. Es empfiehlt sich bereits heute auf Basis der EBA-GL und der 6. MaRisk-Konsultation eine Abweichungsanalyse. 

 

Immobilien-Bewertung zum Zeitpunkt der Kreditvergabe

Die MaRisk fordern bereits heute eine Sicherheitenstrategie und geeignete Verfahren zur Wertermittlung. Diese werden voraussichtlich künftig jährlich zu überprüfen sein (s. 6. MaRisk-Konsultation). Anerkannte Werte sind neben dem Marktwert (Art. 229 CRR-IRB) national derzeit der Beleihungswert gemäß BelWertV und bis Vorliegen des RTS der EBA (s. Art. 124 Abs. 4 CRR gem. EU VO 876/2019) die in § 22 SolvV benannten Werte, wie z. B. der „anders ermittelte Wert“. In Art. 208 und 229 CRR sind die Voraussetzungen geregelt. 


Inhousetipp


Neu sollen gemäß EBA ESG-Faktoren wie z. B. die Energieeffizienz von Gebäuden in die Wertermittlungen einfließen. Ein Wunsch, der sich an die bereits bestehende Taxonomie-Verordnung (Nr. 2020/852) der EU anschließt, aber bisher sowohl an dem Fehlen von validen Vergleichsdaten als auch fundierten Bewertungsverfahren schwer in die Praxis umzusetzen ist. Die ersten Bewertungsgesellschaften und Verbände arbeiten jedoch bereits an entsprechenden Standards. Desktop-Bewertungen (Schreibtischgutachten) kann sich die EBA vorstellen, sofern validierte fortgeschrittene Verfahren mit einem hohen Konfidenzniveau eingesetzt werden.

 

Seminartipps

Wertermittler*innen sind auch bei Einsatz dieser Verfahren weiterhin für die Bewertungsergebnisse final verantwortlich. Die aktuelle MaRisk-Konsultation konkretisiert in BTO 1.2 (geänderte Tz. 3), dass die mit der Wertermittlung von Immobilien betrauten Personen über die erforderlichen Qualifikationen und Erfahrungen verfügen und nicht in den Kreditvergabeprozess/Entscheidung (bereits heute Standard) einbezogen sein sollen. Es ist sicherzustellen, dass interne und externe Sachverständige frei von Interessenkonflikten sind. Die bei Banken bereits im Einsatz befindlichen bekannten Wertermittlungstools, wie bspw. CIB+ von vdpResearch, LORA-Produktpalette von on-geo, oder SprengnetterOne dürften auch weiterhin lediglich Unterstützungsmedien für qualifizierte Wertermittler darstellen und von der Aufsicht nicht als fortgeschrittene Modelle betrachtet werden. Die Anforderungen an ein fortgeschrittenes statistisches Modell beschreibt die EBA unter Punkt 7.4 der Leitlinie. Es gilt abzuwarten, ob und wie die Software-Häuser und Datenanbieter reagieren werden und bereits technisch vorhandene und in der Wertfindung für Wohn-Immobilien ausgereiften AVM für Banken so anpassen werden, dass sie die Anforderungen der EBA erfüllen oder gar Anwendungen für gewerbliche Immobilien ausgerollt werden.

Externe Bewertungen sind gemäß EBA kritisch zu überprüfen. Diesen Punkt greift auch die MaRisk Konsultation in BTO 1.2 Tz.4 auf, in dem die Immobilienbewertung zu plausibilisieren ist (bereits heute Standard). Neu und unbequem ist, dass eigene Erkenntnisse und Informationen in die Beurteilung einfließen sollen. Das ist zwar bereits heute in vielen Häusern Praxis; es dürfte allerdings den Research- und Dokumentationsaufwand nochmals deutlich erhöhen. 

Sowohl EBA als auch BaFin (6. MaRisk-Konsultation) erwarten künftig einen Auswahl- und Überprüfungsprozess für die Einschaltung externer Sachverständiger. Es ist davon auszugehen, dass sofern die Anforderungen aus § 5 BelWertV an Gutachten bzw. § 24 BelWertV an vereinfachte Wertermittlungen eingehalten werden, die Anforderungen der EBA an den Bewertungsbericht eingehalten werden. Unbequem ist, dass der Bewertungsbericht gemäß EBA auch eine Stellungnahme zu den rechtlichen Merkmalen der Sicherheit enthält.  Da die Sicherheit bei uns i. d. R. die Grundschuld und nicht das Objekt ist, sollte prozessual sichergestellt werden, dass ein Prüfer jederzeit z. B. auf Basis eines geprüften Sicherheitenvorblattes oder über elektronische Vorgänge den juristischen Bestand der Sicherheit nachvollziehen kann. 

 

Kriterien für Sachverständige

Interne wie externe Immobilienbewerter sind frei von Interessenkonflikten (auch im Hinblick auf Honorare) zu halten und diese haben für die jeweilige Immobilienbewertung über Marktkenntnisse und entsprechende Qualifikation zu verfügen. Intern über Anweisungswesen und Qualifizierungs-/Weiterbildungskonzept und extern über vertragliche Vereinbarungen sicherstellen. Für jede Bewertung ist jedenfalls wichtig, dass der Gutachter/Wertermittler über spezielle Kenntnisse für die Objektart und den regionalen Markt verfügt. Diese Themenkomplexe sind insbesondere bei der Auswahl der Gutachter zu berücksichtigen.  


Überwachung und Neubewertung von Immobiliensicherheiten 

Die EBA referenziert auf den Art. 208 Abs. 3 CRR und erwartet, dass das Institut Strategien und Verfahren für die Überwachung festlegt und gibt Beispiele für den Aufbau/Ablauf der Überwachung. Der heutige Standard mit Einsatz von Marktschwankungskonzepten, Parameterüberprüfung und evtl. Neubewertungsbedarf wird dadurch beibehalten. Entsprechende Regelungen sind in der konsultierten Überarbeitung der MaRisk in BTO 1.2.2 Tz.3 enthalten. Neu ist die Aufnahme einer angemessenen Gutachterrotation (EBA Tz. 235) und hier die abschließende Veröffentlichung durch die BaFin. Diese hat in der Konsultation (BTO 1.2. Tz. 3) die Regelungen aus den NPL-Leitlinien im Erläuterungstext (nach zwei aufeinanderfolgenden Einzelbewertungen) übernommen. In der Problemkreditbearbeitung wird ein neuer Absatz 2 in BTO 1.2.5 konsultiert. Demnach ist mindestens jährlich eine Überprüfung der Werthaltigkeit der Immobiliensicherheit durchzuführen und/oder ggfs. eine neue Wertermittlung unter Realisationsgesichtspunkten zu erstellen.



Zusammenfassend lassen sich aus den Guidelines der EBA, abgesehen von der Erfordernis Nachhaltigkeitsaspekte konsequent zu bewerten und der Gutachterrotation, weniger große Umwälzungen als vielmehr Normierungen teils bestehender Usancen ablesen, die bei vielen Banken den Detailaufwand erhöhen, ohne zwangsweise die Qualität der Bewertungen zu steigern.

 

PRAXISTIPPS

  • Abweichungsanalyse auf Sicherheitenstrategie und Verfahren durchführen.
  • Bewertungsrichtlinien und Abläufe von Immobiliensicherheiten überarbeiten/anpassen.
  • Überwachungsrichtlinien zu Immobiliensicherheiten implementieren bzw. überarbeiten.
  • Parameterüberprüfung zur Vermeidung Gutachterrotation optimieren.
  • Auswahl- und Überwachungsprozess für externe Sachverständige implementieren und Rahmenverträge abschließen.
  • Bei Vergabe von externen Aufträgen an Gutachter sicherstellen, dass diese auch objektspezifische Qualifikation und die notwendigen Marktkenntnisse nachweisen können. 
  • Interne Gutachter sollen nur Objekte bewerten, für die sie ausreichend qualifiziert sind; ggfs. sind Spezialisten zu beauftragen.
  • Unabhängigkeit interner und/oder externer Sachverständigen gewährleisten.
  • Datenqualitätsmanagement einführen.

 


Beitragsnummer: 15029

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Neue EBA-Guidelines Kreditvergabe/-überwachung

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