Integration eines Spezialfonds in die Risikotragfähigkeitskonzeption 2.0
Dr. Martin Polle, VR-Bank Uckermark-Randow eG, Vorsitzender des Vorstandes
Leif Schönstedt, Union Investment Institutional, Direktor,Leiter Beratung, Regulatorik und Support
I. Einleitung
Der genossenschaftliche Finanzverbund stellt neben dem Sparkassensektor und den Privatbanken eine bedeutende Säule des deutschen Bankensystems dar.
Ein Blick auf die Struktur der Aktiva der Kreditgenossenschaften zeigt, dass neben dem Kundenkreditgeschäft (ca. 70 %) die Eigenanlagen (ca. 30 %) einen erheblichen Anteil an der Bilanzsumme ausmachen. Wegen der Bedeutung der Eigenanlagen haben viele Genossenschaftsbanken neben dem Privat- und Firmenkundengeschäft das Treasury als wichtiges strategisches Geschäftsfeld definiert.
Das fortdauernde Niedrigzinsumfeld und die gestiegenen Anforderungen durch neue regulatorische Rahmenbedingungen belasten zunehmend die Ertragslage der Kreditinstitute. Deshalb müssen zusätzliche Ertragsquellen über neue Anlageklassen und -instrumente für die Eigenanlagen erschlossen werden, sodass auch in den nächsten Jahren weiterhin stabile Jahresüberschüsse geplant werden können.
Für viele Banken in Deutschland wird – unabhängig von der Institutsgröße – in Ermangelung adäquater Ressourcen für einen Investmentprozess zunehmend auf ein professionelles Risiko- und Ertragsmanagement einer Fondsgesellschaft zurückgegriffen. Die Institute entscheiden sich deshalb zur Investition in institutionelle Fonds oder zur Auflage eines Spezialfonds.
Den Fonds als Gesamtkonstrukt, das heißt ohne Betrachtung der investierten Einzeltitel in der Risikotragfähigkeit zu erfassen, wird von der Deutschen Aufsicht strikt abgelehnt.
Der Folgende Beitrag gibt einen Überblick, welche aktuellen aufsichtlichen Anforderungen existieren und wie dabei der Bezug von adäquaten Risikokennzahlen über ein Auslagerungsverhältnis von einem Fondsdienstleiter genutzt werden kann.
II. Entwicklung der aufsichtlichen Anforderungen
Im Dezember 2011 hatte die Deutsche Aufsicht ihre Verwaltungspraxis im Leitfaden zur aufsichtlichen Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte konkretisiert. Die Inventur und Beschreibung des Status Quo bei Deutschen Kreditinstituten stand damals im Vordergrund.
Die Deutsche Bundesbank veröffentlichte in ihrem Monatsbericht im März 2013 eine Idee zur Weiterentwicklung des Leitfadens zu einem europäisch vergleichbaren internen Kapitaladäquanz- und Beurteilungsprozess, dem ICAAP. ICAAP steht dabei als Synonym für Risikotragfähigkeitskonzept (RTF-Konzept). Der ICAAP umfasst die Gesamtbanksteuerung ausgehend von der Strategie bis hin zum Berichtswesen vollumfänglich. „Im ICAAP hat das Institut die wesentlichen Risikoarten zu identifizieren, mit eigenen Methoden zu quantifizieren und in angemessener Höhe mit Kapital zu unterlegen, so dass auftretende Verluste absorbiert werden können. Damit die Risikotragfähigkeit laufend sichergestellt werden kann, muss sie in den Entscheidungsprozessen, der Geschäfts- und Risikostrategie sowie den Risikosteuerungs- und Risikocontrollingprozessen verankert werden. Dies erfordert unter anderem, dass der ICAAP fester Bestandteil des Limitsystems sowie der internen Berichterstattung ist. So sollten Risiken umfassender berücksichtigt und in stärkerem Maße zukunftsorientiert beurteilt werden, als dies bisher der Fall war. Ferner sollten sich die Institute intensiver mit den Grenzen der zur Risikoquantifizierung eingesetzten Methoden auseinandersetzen.“
Fünf Jahre später haben BaFin und Deutsche Bundesbank einen neugefassten Leitfaden zur aufsichtlichen Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte entwickelt. Der neue Leitfaden beschreibt die Anforderungen der Aufsicht für deutsche Institute und schlägt gleichzeitig die Brücke zur neuen Aufsichtsstruktur und -praxis, dem sogenannten Single Supervisory Mechanism (SSM). Der Leitfaden ergänzt die aktuellen Anforderungen der MaRisk, konkretisiert diese in einigen Punkten, widerspricht aber den MaRisk an keiner Stelle.
Die Erläuterungen zu AT 4.1 Tz. 9 der MaRisk stellen klar: „Basiert die Risikoermittlung auf Berechnungen Dritter (z. B. bei Fondsgesellschaften), hat sich das Institut aussagekräftige Informationen hierzu, insbesondere zu wesentlichen Annahmen und Parametern und zu Änderungen dieser Annahmen und Parameter, vorlegen zu lassen.“
Für Fondsinvestments und deren Abbildung im RTF-Konzept ist es nötig, zusätzlich das Schreiben der Aufsicht vom 01.06.2017 an die Verbände der Deutschen Kreditwirtschaft heranzuziehen. Denn die dort aufgeführten weiteren Anforderungen zur Verwendung von Fondsrisikokennzahlen, der Fondsdurchschau, der Auslagerung und nötigen Konsistenzprüfung eingesetzter Verfahren behalten sowohl unter den MaRisk als auch unter dem neuen Leitfaden ihre Gültigkeit.
Eine ausreichende Dokumentation muss gemäß den MaRisk auch einen Dritten in die Lage versetzen, das Risikomanagementsystem (RMS) der Bank und das Interne Kontrollsystem (IKS) nachzuvollziehen. Dafür werden im Grunde die Anforderungen an Strategie, Risikoinventur, Angemessenheitsprüfung, Risikotragfähigkeit, Kapitalplanung, Stresstests und an das Berichtswesen formuliert. Eine hinreichend ausgeprägte Risikokultur im Institut soll die Detailanforderungen miteinander koppeln, eine Risikodiskussion und den Austausch in der Bank zum RMS fördern. Für alle geforderten Elemente muss eine schlüssige Dokumentation vorliegen. Der Geschäftsleiter eines Instituts soll daher in der Lage sein, die dokumentierten Einzelelemente zu verknüpfen. Er sollte die Konzepte und daraus abgeleitete und installierte operative Prozesse im Überblick erklären können.
Der neue Leitfaden zum ICAAP stellt eine verknüpfende und zukunftsorientierte Betrachtung der Ergebnisse in den Fokus: Elemente der MaRisk werden mit Elementen des Meldewesens verbunden und ein gegenseitiger Austausch im Planungsprozess und der Risikomessung gefordert. Ökonomische Betrachtungen ohne Einfluss von Bilanzkennzahlen wie Buchwerten und stillen Reserven sind mit bilanzorientierten Betrachtungen in Einklang zu bringen. Das meiste dabei ist für Banken nicht neu – der neue Leitfaden hilft daher auch in erster Linie bei der Systematisierung bestehender Controlling-Elemente und erweitert in den Steuerungsprozessen zur RTF und der Kapitalplanung bisher gesetzte Standards.
Die wichtigen Anforderungen lassen sich schematisch beschreiben. Abbildung 1 dient der Systematisierung dieser Anforderungen aus den drei oben genannten aufsichtlichen Rundschreiben.
Abbildung 1: Systematisierung der Anforderung an einen ICAAP, Verarbeitung aufsichtlicher Rundschreiben
III. Prüfprozess für die Abbildung von Fonds im ICAAP der Bank
Die Entscheidung für die Investition in einen Spezialfonds fordert von jeder Bank die Beantwortung von folgenden wesentlichen Fragen:
- Wie geht der Fonds in die Eigenanlage- und Risikostrategie ein?
- Wie erfolgt die turnusmäßige Risikoinventur auf Basis der Fondsdurchschau?
- Werden Risikokennzahlen über eine Fondsgesellschaft bezogen und begründet der Bezug einen Auslagerungstatbestand für die VR-Bank?
- Ist das bezogene Fondsrisikomodell transparent und liefert es valide und konsistente Risikokennzahlen bezogen auf das Anlageuniversum im Fonds?
- Sind die Risikokennzahlen für die Bank plausibel?
- Wie wird das Fondsrisiko im RTF-Konzept erfasst?
- Wie wird der Fondsbestand im IKS der Bank laufend überwacht und darüber berichtet?
Darauf aufbauend lässt sich im Institut ein Prüfschema entwickeln, das dem Institut in der Dokumentation der aufsichtsrechtlichen Anforderungen hilft. Nachfolgend werden die Fragen kurz erläutert. Die sieben Prüfschritte dienen als Idee und Beschreibung einer Möglichkeit, die MaRisk-konforme Dokumentation im Institut vorzubereiten. Sollten zusätzliche Besonderheiten im Institut oder den Fondsinvestitionen eine Rolle spielen, sind diese über mögliche zusätzliche Prüfschritte abzudecken.
1. Prüfschritt 1 – Integration in die Risikostrategie der Bank
In seiner Risikostrategie hat der Vorstand der Bank die Investition in einen Spezialfonds als Möglichkeit des Eigenanlagenmanagements zugelassen. Das Eigenanlagen-management ist auf die Gesamtbank bezogen. Entscheidungen im Bereich der Eigenanlagen berücksichtigen die gesamte Bilanzstruktur der Bank. Die einzelnen Investitionsentscheidungen innerhalb der Bank erfolgen auf der Basis eines strukturierten Investmentprozesses.
Abbildung 2: Investmentprozess einer VR-Bank
Der Investmentprozess der Bank beginnt mit einer umfassenden Planungsphase. Grundlage der Anlegeranalyse sind die in der Strategie für das Handelsgeschäft auf der Basis der Risikoeinstellung und -toleranz der Entscheider festgelegten Steuerungsziele. In diesem Zusammenhang werden das Anlageuniversum, die zulässigen Produkte sowie etwaige Struktur- und Emittentenlimite definiert.
Aufgrund der hohen Bedeutung der Eigenanlagen im Spezialfonds wird ein Anlageausschuss gebildet, der dem Bilanzstrukturausschuss der Bank berichtet und darüber hinaus auch Impulse für den Anlageausschuss des Spezialfonds setzt. Gegenstand des Anlageausschusses ist die regelmäßige Portfoliorevision auf der Grundlage der Zinsmeinung, einer Markt- und Performanceanalyse, der Beurteilung des Emittenten- und Kontrahentenrisikos und die Beurteilung von Maßnahmen zur Portfoliorealisierung im Hinblick auf die Steuerungsziele der Bank. Die Überwachung und die Kontrolle umfassen sowohl Marktentwicklungen als auch die Kursentwicklung der jeweiligen Titel. Bei ungünstigen Entwicklungen wird unverzüglich der Gesamtvorstand unterrichtet.
2. Prüfschritt 2 – Fondsdurchschau in der Risikoinventur
Die Risikoinventur stellt die Identifikation wesentlicher Risiken und deren Konzentrationen pro Risikoart sicher. Sie umfasst für den Spezialfonds über die Fondsdurchschau eine Analyse des Marktpreisrisikos und des Adressenrisikos. Das Ergebnis der Risikoinventur zeigt, welche Risiken im Fondsinvestment wesentlich sind und welche davon auf Gesamtbankebene auch als wesentlich eingestuft, quantifiziert und mit Risikokapital unterlegt werden müssen.
Die Risikoinventur geht mit einer Brutto-Risikobetrachtung einher. Die Bedeutung hierbei liegt in der Risikoklassensicht für die Gesamtbank in Zins-, Aktien-, Währungs-, Immobilien-, Volatilitäts-, Rohstoff-, Spread- und Migrations-/ Ausfallrisiko. Der Durchführungsweg der Vermögensinvestition im Institut (bspw. über strukturierte Produkte, Kredite, Wertpapiere, Derivate, Zertifikate oder Fonds) und mögliche stille Reserven dürfen in der Betrachtung der Risikoinventur keine Rolle spielen. Alle Durchführungswege der Direktanlage müssen in der Risikoinventur durchgeschaut, bspw. auch die im Fonds enthaltenen Vermögensgegenstände identifiziert, zerlegt und den einzelnen Risikoklassen zugeordnet werden.
Eventuelle Risikokonzentrationen sind nach Zerlegung und Durchschau über alle Durchführungswege hinweg für die Gesamtbank zu identifizieren.
Aufbauend prüft das Institut, welche Verfahren zum Einsatz kommen müssen, um die einzelnen und identifizierten Teilrisikoarten adäquat abzubilden. Eventuelle Konzentrationen dürfen in den Risikomessverfahren kein generelles Verfahrenshemmnis darstellen. Wenn in einem Verfahren Lücken im Rahmen des Angemessenheitsnachweises gesichtet werden, die eine Abbildung eines für die Bank bestimmten betriebswirtschaftlich nötigen Anlageuniversums unmöglich machen, muss es grundsätzlich mit einem zweiten Verfahren kombiniert werden. Die Berücksichtigung weltweit anlegender und diversifizierter Fondsbestände macht es eher wahrscheinlich, dass die Bank eine Verfahrenskombination zur adäquaten Abbildung des gesamten Anlageuniversums wählen muss: Verfahren aus eigenen Systemen werden mit Verfahren der Fondsgesellschaft oder eines weiteren Dienstleisters kombiniert. Eine solche Kombination ist in einer Bank unschädlich, solange durch die Angemessenheitsprüfung die Validität der Verfahren für das jeweilige Anlageuniversum und die Konsistenz untereinander sichergestellt werden.
3. Prüfschritt 3 – Auslagerungstatbestand
Da die Aufsicht im oben genannten Schreiben vom 01.06.2017 auf das gesamte Fondsbuch abstellt, ist es meist unerheblich, wie viele verschiedene Fonds sich von unterschiedlichen Gesellschaften (KVGen) im Fondsbuch der Bank befinden – bei Überschreitung der individuell festgelegten Wesentlichkeitsschwelle im Institut ist mit jeder KVG, von der auch Kennzahlen zur Weiterverarbeitung in der RTF bezogen werden, ein MaRisk-konformer Auslagerungsvertrag zu schließen. Von der Deutschen Aufsicht wird in diesem Zusammenhang in Interviews laufender Prüfungen nach § 44 KWG eine Wesentlichkeitsschwelle von fünf Prozent gemessen an der Bilanzsumme des jeweiligen Instituts aufgeworfen. Wird diese Grenze überschritten, sind Auslagerungsverträge mit ausführlicher Dokumentation zur Angemessenheit der eingesetzten Verfahren und der Verfahrenskombination nötig.
Der Auslagerungstatbestand erfordert eine ausreichende Vorbereitung des Dienstleisters in Dokumentation, Prüferbestätigungen und Reporting. Laufende Bestätigungen unabhängiger Wirtschaftsprüfer zur Governance, Validierungs-handbuch, Modellhandbuch, Risikoreports und erklärende Analysen bei anstehenden Modelländerungen sind der Bank vom Auslagerungspartner bereitzustellen.
4. Prüfschritt 4 – Portfoliounabhängige Modelltransparenz und -Validierung
Banken sind gefordert, eine regelmäßige Validierung und Plausibilitätsprüfung der kombinierten Methoden für die Risikomessung durchzuführen. Damit müssen sowohl durch die Bank selbst berechnete Daten und Risikowerte als auch fremd gelieferte Risikokennzahlen auf Angemessenheit durch das Institut geprüft werden.
Die Angemessenheitsprüfung umfasst für jedes Verfahren in der Bank einen portfoliounabhängigen und portfolioabhängigen Prüfprozess.
Der portfoliounabhängige Prüfprozess umfasst die Anforderungen des AT 4.1 Tz 6-10 der MaRisk:
- Analyse verwendeter Diversifikationseffekte (Tz. 6)
- Stabilitätsprüfung der Diversifikationsannahmen (Tz. 7)
- Begründung der Annahmen der verwendeten Methoden und Verfahren und Festlegung wesentlicher Elemente der Risikosteuerung (Tz. 8)
- Analyse der Grenzen und Beschränkungen des eingesetzten Verfahrens im Rahmen einer jährlichen Angemessenheitsprüfung (Tz. 9)
- Validierung der Methoden (Tz. 10)
Das mindestens jährlich aktualisierte Modell- und Validierungshandbuch, die ausführliche Modellbeschreibung und Modellvalidierung der Auslagerungspartner, muss die Bank in die Lage versetzen, zu den aufgeführten Punkten sprachfähig zu sein. Modellgrenzen und die Konsistenz der eingesetzten Verfahren müssen dokumentiert werden.
Sind beispielsweise in den Messverfahren risikomindernde Korrelationen integriert, werden hierfür besonders hohe Anforderungen der Aufsicht gestellt. Um die Stabilität und Adäquanz der aus dieser Historie abgeleiteten Diversifikationseffekte nachzuweisen, muss eine regelmäßige Validierung und Dokumentation durch den Auslagerungspartner erfolgen, die zumindest folgende Themenbereiche umfasst:
- Konzentrationen im Anlageuniversum können die Nutzung von Korrelationen unmöglich machen: Ist die nötige Mindest-Diversifikation in der Anlage innerhalb einer Vermögensklasse und zwischen verschiedenen Vermögensklassen gegeben, um Korrelationen überhaupt ansetzen zu dürfen?
- Nutzung von Inter- und Intrakorrelationen: Welche Arten werden verwendet – nur Korrelationen innerhalb (Intra) der Risikoart oder auch Risikoarten-übergreifende (Inter)Korrelationen, für die es zusätzliche Anforderungen gibt?
- Ausreichende Historie: Wird eine genügend lange Historie zur Ableitung von stabilen Korrelationen verwendet, die auch Auf- und Abschwungphasen am Kapitalmarkt umfasst?
- Betrachtung Stressphasen und Stabilität der Schätzung: Sind Stressphasen in die Historie integriert und würde das erneute Eintreten einer solchen zu einer nicht adäquaten Erhöhung in der Risikomessung führen?
Die geforderte Methodenkonsistenz spielt als zweites Thema neben der Verwendung von Korrelationen eine zunehmend große Rolle. Hier ist gemeint, dass für gleiche Teilrisiken, die mit unterschiedlichen Methoden (bspw. Methode der Eigenanlage, Methode der Fondsgesellschaft) gemessen werden, eine Konsistenzprüfung der Methoden zueinander vorgenommen werden muss. Konsistenz wird erforderlich, damit bei Addition der einzelnen Risikowerte eine Risikounterschätzung auf Gesamtbankebene ausgeschlossen werden kann. Da sich die wesentlichen Risikoarten Zinsrisiko und Migrations-/Ausfallrisiko sehr wahrscheinlich sowohl im Fondsinvestment als auch der sonstigen Eigenanlage befinden, wird die dokumentierte Konsistenz-prüfung für diese beiden Teilrisiken generell durch die Aufsicht gefordert.
5. Prüfschritt 5 – Portfolioabhängige Plausibilisierung der Risikokennzahlen
Kernpunkt des Prüfschrittes ist, die verwendeten Risikokennzahlen der Dienstleister erklären zu können. Statistische Modelle sind komplex und verhindern oftmals ein einfaches Nachrechnen. Daher ist es sehr wichtig, dass angelieferte Kennzahlen auf Plausibilität geprüft werden können sowie Veränderungen nachvollziehbar sind: Bei der Prüfung muss immer das tatsächliche Anlageuniversum in Beziehung gesetzt werden.
Wenn ein Modell theoretisch gut funktioniert, kann es trotzdem vorkommen, dass bestimmte Anlageuniversen im Modell nicht adäquat erfasst werden. Eine portfolioabhängige Prüfung muss daher sicherstellen, dass die validierten Modelle auch auf das aktuelle Anlageuniversum des Instituts passen.
Der portfolioabhängige Prüfprozess wird über die Anforderungen des AT 4.3.2 beschrieben: Die Angemessenheitsprüfung muss sich auf die Plausibilisierung der ermittelten Ergebnisse ausdehnen (Tz. 5).
Die Bank investiert im Spezialfonds breit diversifiziert in verschiedene Vermögensklassen und Regionen der Welt. Alle im Fonds eingegangenen Teilrisiken müssen abgebildet und die Bank in die Lage versetzt werden, die allgemeingültigen und theoretischen Aussagen zur Modellvalidierung auf das individuelle Fondsbuch und den tatsächlichen Bestand innerhalb der Fonds zu transformieren. Dazu sind Reportingleistungen des Dienstleisters nötig. Die einzelnen Teilrisiken für die Brutto-Risikobetrachtung und Sensitivitäten wie individuell wirkende Korrelationen zwischen den dargestellten Teilrisiken helfen der Bank, die im Steuerungskreis verwendeten VaR-Kennzahlen zu erklären.
Die Bank muss vor der Verwendung zugelieferter Risikokennzahlen insbesondere die Auswirkung etwaiger Emittentenkonzentrationen analysieren, die durch Zusammen-führung der Eigenanlage mit der durchgeschauten Fondsanlage entstehen können. Beispielsweise sind hierfür Daten aus dem Kreditmeldewesen auch im Risikocontrolling zu nutzen, da bereits eine Konsolidierung aller wesentlicher Einzelemittenten inklusive der aus der Fondsanlage für das Groß- und Millionenkreditmeldewesen erfolgt.
6. Prüfschritt 6 – Integration in das Risikotragfähigkeitskonzept und die Stresstests
Die BaFin fordert in AT 4.1 Tz. 1 MaRisk, dass die Geschäftsleitung einer Bank auf der Grundlage des Gesamtrisikoprofils dafür Sorge zu tragen hat, dass die in der Risikoinventur identifizierten wesentlichen Risiken durch das Risikodeckungspotenzial laufend abgedeckt sind und damit die Risikotragfähigkeit gegeben ist.
Gemäß AT 4.1 Tz. 2 der MaRisk hat die Bank einen internen Prozess zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit einzurichten.
AT 4.1 Tz. 8 MaRisk ermöglicht die Kombination von mehreren Verfahren zur Beurteilung der Risikotragfähigkeit in einer Bank: „Die Wahl der Methoden und Verfahren zur Beurteilung der Risikotragfähigkeit liegt in der Verantwortung des Instituts. Die den Methoden und Verfahren zugrunde liegenden Annahmen sind nachvollziehbar zu begründen. Die Festlegung wesentlicher Elemente der Risikotragfähigkeitssteuerung sowie wesentlicher zugrunde liegender Annahmen ist von der Geschäftsleitung zu genehmigen.“
Entscheidungen können nicht vom Auslagerungspartner abgenommen werden. Letztendlich liegt es immer in der Verantwortung der Bank, wie das Anlageuniversum aus Fonds in der RTF erfasst wird. Im Prüfschritt erfolgen die ausführliche Dokumentation und die Begründungen zu den einzelnen Entscheidungen der Bank in Bezug auf die Wahl des Auslagerungspartners und der Governance-Strukturen, Verfahrenskombination und Nutzung von Korrelationen.
Von der Bank ist sicherzustellen, dass auch ein Stresstestprogramm für die gesamten Eigenanlagen gilt und für Fonds keine gesonderten Stresstests, sogenannte Insellösungen, genutzt werden.
7. Prüfschritt 7 – Laufende Überwachung im internen Kontrollsystem
Das Interne Kontrollsystem soll eine fortlaufende Erfassung der Risiken und die Verzahnung der Eigenanlagen untereinander und dieser wiederum mit der Gesamtbank sicherstellen.
Die bloße Verarbeitung der von einer Fondsgesellschaft bereitgestellten einzelnen Risikokennziffern zum Ansatz im RTF ist nicht ausreichend. Die Bank muss sich daher mit den Risikoarten aus dem Fondsinvestment, deren Ursprung und Wirkung im IKS intensiv auseinandersetzen.
Die Steuerung der Fondsrisiken durch die Bank erfolgt daher durch festgelegte Anlagerichtlinien, die regelmäßig im gemeinsamen Anlageausschuss besprochen und wenn nötig auch angepasst werden. Anlagerichtlinien sind vertragliche Bestandteile mit der Fondsgesellschaft, die im Fondsmanagement bindend sind. Der Fondsmanager muss sich in deren Rahmen bewegen und soll mit seinem Know-how über die Einzeltitelauswahl und Wahl der Vermögensklasse das optimale Risiko-Ertrags-Profil für den Fonds erreichen. Da die Bank keinen Einfluss auf die Einzeltitelauswahl des Fondsmanagers hat, muss im IKS die Konsistenz mit der Risikostrategie der Gesamtbank und die Überwachung der Auslastung von Limiten überwacht werden.
Die Integration des Fonds in die strategische Planung und das IKS der Bank wird gewährleistet, da sich die Anlagerestriktionen des Fonds im Gesamtbank-Limitystem wiederfinden. Die Fondsgesellschaft bietet hierfür ein Struktur- und Emittentenlimitsystem über festzulegende Anlagerestriktionen, mit dessen Hilfe eine konsistente Verzahnung mit dem Limitsystem der Bank inklusive der Überwachung etwaiger Risikokonzentrationen im Institut erfolgen kann.
IV. Fazit
Eine adäquate Abbildung von Fonds im ICAAP der Bank setzt entsprechende Analysen zur Fondsdurchschau und Prüfungshandlungen für die zum Anlageuniversum passenden angelieferten Risikokennziffern voraus. Eine funktionierende Governance-Struktur der Leistungsbeziehungen muss vertraglich für die Bank abgesichert sein und eine Qualitätssicherung bei den Dienstleitern beinhalten.
Der Angemessenheitsnachweis für die eingesetzten Modelle und Methoden wird sich nach unserer Meinung zu einer Basisdokumentation entwickeln und damit der Dreh- und Angelpunkt einer jeden aufsichtlichen Prüfung werden. Die Evolution in den Anforderungen der Aufsicht muss sich im Angemessenheitsnachweis spiegeln. Große Zeitverzögerungen sind unbedingt zu vermeiden.
Einen gewissen Standard für die Nachweise zu entwickeln, steht außer Frage. Die Dienstleister sind gefordert, den Instituten zu helfen – am besten durch eine partnerschaftliche und lückenfreie Zusammenarbeit mit dem Institut.
PRAXISTIPPS
- Anlagerestriktionen für Fonds müssen für eine lückenfreie Überwachung stringent aus der Risikostrategie und dem Gesamtbanklimitsystem abgeleitet werden.
- Werden angelieferte Kennzahlen in der RTF für ein wesentliches Fondsbuch genutzt, sind Auslagerungsverträge mit den bereitstellenden Dienstleistern zu schließen.
- Die Berechnungsmethoden müssen validiert sein, und die ausreichende Abdeckung des eingesetzten Anlageuniversums ist über den Angemessenheitsnachweis zu dokumentieren.
- Bei Nutzung einer Verfahrenskombination muss das Verfahren der Fondsgesellschaft konsistent mit den in der Bank eingesetzten Verfahren sein.
- Die Nutzung von Korrelationen in der Risikomessung macht eine Stabilitätsprüfung erforderlich.
- Emittentenkonzentrationen in der Zusammenführung von Fonds- und Eigenanlage müssen vermieden werden, um konsistente Kennzahlen in der RTF addieren zu dürfen.
Beitragsnummer: 1266