Donnerstag, 29. Oktober 2020

Schuldscheindarlehen

Eine Auswahl zivilrechtlicher Probleme aus der Praxis.

Dr. Tilman Schultheiß, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

 

Nach einem coronabedingten, temporären Einbruch entwickelt sich der Markt für Schuldscheindarlehen (SSD) im dritten Quartal 2020 wieder mit steilem Aufwärtstrend.[1] Rekordtransaktionen waren auch im bisherigen Jahr 2020 zu verzeichnen (z. B. das € 325 Mio.-SSD der Gerresheimer AG,[2] das € 345 Mio.-SSD der freenet AG,[3] das € 750 Mio.-SSD von Sartorius[4] oder das € 2.0 Mrd.-SSD von Bosch[5]). Damit verstetigt sich krisenbereinigt auch im schwierigen Jahr 2020 die deutliche Wachstumsentwicklung der vergangenen Jahre.[6] 

 

Die Vorteile von SSD als Finanzierungsinstrument gegenüber anderen klassischen Finanzierungsformen (z. B. Effizienz und Flexibilität infolge des geringen Dokumentationsaufwands und niedriger formaler Vorgaben, die geringeren Kosten oder die Diskretion), die zugleich die Ursache für den ungebrochenen Trend bilden, sind vielfach erörtert worden.[7] Dieser erste Beitrag soll ausgehend von der rechtlichen Einordnung des SSD den Blick auf eine Auswahl praktischer Probleme aus dem Zivilrecht werfen. Ein Folgebeitrag wird aufsichtsrechtliche Aspekte beleuchten.

 

 

I. SSD als beurkundeter Darlehensvertrag 

 

Das SSD ist zivilrechtlich als Darlehensvertrag zu qualifizieren.[8] Soweit das SSD – wie in aller Regel – dem nationalen Sachrecht unterliegt,[9] finden deshalb die Normen der §§ 488 ff. BGB Anwendung. Das SSD ist i. d. R. befristet und vollständig am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen (endfälliges Darlehen);[10] eine ordentliche Kündigung ist mithin während der Laufzeit ausgeschlossen, wenn die Parteien dazu keine anderweitige Vereinbarung treffen. Seltener ist das SSD als Annuitätendarlehen ausgestaltet. Von einem bloßen Darlehensvertrag unterscheidet sich das SSD zum einen wegen der typischen Sonderbedingungen (z. B. der Financial Covenants[11]), die sich in klassischen Darlehen nicht finden, sowie dadurch, dass traditionell ein Schuldschein – ohne Geltung von Formerfordernissen – darüber ausgestellt wurde.[12] Konstitutiv ist die Ausstellung einer solchen Urkunde freilich nicht und die Praxis ist ohnehin bereits von der separaten Ausstellung eines Schuldscheins abgerückt.[13] Zudem ist seit einiger Zeit eine Digitalisierung der SSD-Emission mittels Blockchain-Technologie[14] zu beobachten,[15] so dass Schuldscheine in diesem Bereich künftig allenfalls digital existieren. Auch die LMA-Musterbedingungen sehen die Ausstellung einer Schuldscheinurkunde konsequentermaßen nicht mehr vor.[16]

 

1. Abgrenzung SSD-Urkunde zum Wertpapier [...]
Beitragsnummer: 11766

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