Freitag, 23. Oktober 2020

Schuldscheindarlehen

Eine Auswahl zivilrechtlicher Probleme aus der Praxis.

Dr. Tilman Schultheiß, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

 

Nach einem coronabedingten, temporären Einbruch entwickelt sich der Markt für Schuldscheindarlehen (SSD) im dritten Quartal 2020 wieder mit steilem Aufwärtstrend.[1] Rekordtransaktionen waren auch im bisherigen Jahr 2020 zu verzeichnen (z. B. das € 325 Mio.-SSD der Gerresheimer AG,[2] das € 345 Mio.-SSD der freenet AG,[3] das € 750 Mio.-SSD von Sartorius[4] oder das € 2.0 Mrd.-SSD von Bosch[5]). Damit verstetigt sich krisenbereinigt auch im schwierigen Jahr 2020 die deutliche Wachstumsentwicklung der vergangenen Jahre.[6] 

 

Die Vorteile von SSD als Finanzierungsinstrument gegenüber anderen klassischen Finanzierungsformen (z. B. Effizienz und Flexibilität infolge des geringen Dokumentationsaufwands und niedriger formaler Vorgaben, die geringeren Kosten oder die Diskretion), die zugleich die Ursache für den ungebrochenen Trend bilden, sind vielfach erörtert worden.[7] Dieser erste Beitrag soll ausgehend von der rechtlichen Einordnung des SSD den Blick auf eine Auswahl praktischer Probleme aus dem Zivilrecht werfen. Ein Folgebeitrag wird aufsichtsrechtliche Aspekte beleuchten.

 

 

I. SSD als beurkundeter Darlehensvertrag 

 

Das SSD ist zivilrechtlich als Darlehensvertrag zu qualifizieren.[8] Soweit das SSD – wie in aller Regel – dem nationalen Sachrecht unterliegt,[9] finden deshalb die Normen der §§ 488 ff. BGB Anwendung. Das SSD ist i. d. R. befristet und vollständig am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen (endfälliges Darlehen);[10] eine ordentliche Kündigung ist mithin während der Laufzeit ausgeschlossen, wenn die Parteien dazu keine anderweitige Vereinbarung treffen. Seltener ist das SSD als Annuitätendarlehen ausgestaltet. Von einem bloßen Darlehensvertrag unterscheidet sich das SSD zum einen wegen der typischen Sonderbedingungen (z. B. der Financial Covenants[11]), die sich in klassischen Darlehen nicht finden, sowie dadurch, dass traditionell ein Schuldschein – ohne Geltung von Formerfordernissen – darüber ausgestellt wurde.[12] Konstitutiv ist die Ausstellung einer solchen Urkunde freilich nicht und die Praxis ist ohnehin bereits von der separaten Ausstellung eines Schuldscheins abgerückt.[13] Zudem ist seit einiger Zeit eine Digitalisierung der SSD-Emission mittels Blockchain-Technologie[14] zu beobachten,[15] so dass Schuldscheine in diesem Bereich künftig allenfalls digital existieren. Auch die LMA-Musterbedingungen sehen die Ausstellung einer Schuldscheinurkunde konsequentermaßen nicht mehr vor.[16]

 

1. Abgrenzung SSD-Urkunde zum Wertpapier [...]
Beitragsnummer: 11766

Weiterlesen?


Dies ist ein kostenloser Beitrag aus unserem Beitragsarchiv.

Um diese Beiträge lesen zu können, müssen Sie sich bei MeinFCH anmelden oder registrieren und danach auf Beitragsarchiv klicken.

Anmeldung/Registrierung

Wenn Sie angemeldet oder registriert sind, können Sie unter dem Menüpunkt "Beitragsarchiv" Ihre

Beiträge anschauen.

Beitrag teilen:

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Kein Widerruf nach vollständiger Erfüllung eines Kreditvertrags

Ein Verbraucher kann sich nach vollständiger Erfüllung aller vertraglichen Verpflichtungen aus einem Kreditvertrag nicht mehr auf sein Widerrufsrecht berufen.

17.04.2024

Beitragsicon
Annuitätisches Immobiliardarlehen ist „befristet“

Es ist nicht widersprüchlich, die Angaben „unbestimmte Laufzeit“ & „befristet“ zu verwenden, wenn diese bei Vertragsschluss noch nicht exakt bestimmbar ist.

17.04.2024

Beitragsicon
Kritische Würdigung des Zinsanstieges um 300 BP

Der VaR ist geeignet, der Geschäftsleitung die richtigen Steuerungsimpulse für die Zinsrisikosteuerung im Kontext der Risikotragfähigkeit zu offerieren.

22.04.2024

Beitragsicon
Unwirksamkeit einer formularmäßigen Abtretung

BGH-Entscheidung verdeutlicht, dass bei formularmäßigen Sicherungszessionen Sonderkonstellationen zu beachten sind, damit die Abrede wirksam ist.

21.08.2023

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.