Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt, Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner
In seiner KapMuG-Entscheidung vom 23.10.2018, Az. XI ZB 3/16, weist der Bundesgerichtshof zunächst darauf hin, dass es nach seiner ständigen Rechtsprechung bei der Frage, ob ein Verkaufsprospekt unrichtig oder unvollständig ist, nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung oder allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen ankommt, sondern vielmehr wesentlich darauf, welches Gesamtbild der Prospekt von der angebotenen Anlage vermittelt. Dabei könne nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von einem Anleger eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts erwartet werden (Rn. 40).
Sodann führt der Bundesgerichtshof aus, dass die spezialgesetzliche Prospekthaftung des § 127 Abs. 1 InvG a.F. in ihrem Anwendungsbereich nicht nur die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne, sondern auch einen Schadensersatzanspruch gegen die Kapitalanlagegesellschaft wegen Aufklärungspflichtverletzung durch Verwenden eines fehlerhaften Verkaufsprospekts bei Anbahnung des Investmentvertrags gem. § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 312 Abs. 2 BGB ausschließt (Rn. 54 ff.).
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Sodann stellt der Bundesgerichtshof klar, dass die Sonderverjährungsfrist des § 127 Abs. 5 InvG a.F. für Schadensersatzansprüche aus § 127 Abs. 1 InvG a.F. auch dann gilt, wenn die Prospektangabe vorsätzlich unrichtig oder unvollständig erfolgt ist. In diesem Zusammenhang weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass sich aus seiner höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Sonderverjährungsvorschrift des § 37a WpHG in der vom 01.08.1998 bis zum 04.08.2009 geltenden Fassung, nichts anderes ergebe. Denn bei § 37a WpHG a.F. habe das gesetzgeberische Anliegen, vorsätzlich begangene Pflichtverletzungen von der Sonderverjährung auszunehmen, in der Gesetzesbegründung Ausdruck gefunden. Hieran fehle es bei der Norm des § 127 Abs. 5 InvG a.F. Insofern sei es Aufgabe des Gesetzgebers, als ungemessen erachtete Sonderverjährungsfristen aufzuheben, was er bezogen auf § 127 Abs. 5 InvG a.F. erst mit Wirkung zum Ablauf des 30.06.2011 getan habe (Rn. 67).
Schließlich verweist der Bundesgerichtshof darauf, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung zu § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KapMuG a.F., der ohne jede Abweichung dem jetzigen § 1 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG entspricht, von dieser Regelung nur Schadensersatzansprüche erfasst werden, die unmittelbar an die fehlerhafte, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation anknüpfen. Rechtstreitigkeiten wiederum, in denen Schadensersatzansprüche auf die Verletzung vertraglicher Pflichten oder auf § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und 3 BGB gestützt werden, würden nicht unter Ziff. 1 fallen (Rn. 72).
Beitragsnummer: 1139