Dienstag, 12. Februar 2019

Widerrufsrecht – Kostenverteilung bei „Zug-um-Zug“-Antrag

Dr. Nicolai-Anselm von Holst, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

Das Landgericht hatte die beklagte Bank in erster Instanz – ausgehend von einem wirksam erklärten Widerruf des Darlehensnehmers – verurteilt, die Sicherheiten „Zug-um-Zug gegen Zahlung“ eines bestimmten von Klägerseite bezifferten Betrages herauszugeben. Hiergegen richtete sich (auch) die Berufung der beklagten Bank. Das Darlehen wurde im Laufe des Berufungsverfahrens zurückgeführt und die Sicherheiten freigegeben. Das Kammgericht hatte in seinem Urt. v. 31.10.2018 – 26 U 58/17 hinsichtlich der begehrten Sicherheitenfreigabe nur noch über die Kosten zu entscheiden.

SEMINARTIPP

VerbraucherKreditRecht2019, 01.04.2019, Würzburg.

19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.–22.10.2019, Heidelberg.

Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 11.11.2019, Würzburg.

Der Senat stellt zunächst fest, dass der beklagten Bank insoweit Recht zu geben sei, als die Herausgabe der Sicherheit nur „nach Zahlung“ hätte verlangt werden können. Gleichwohl habe die Bank auch insoweit die Kosten nach §§ 91, 92 ZPO zu tragen, weil das wirtschaftliche Interesse der Klägerseite an einer Verurteilung „Zug-um-Zug“ nicht erkennbar von einer Verurteilung „nach Zahlung“ abweiche. In der Sache gehe es nämlich nur um eine „juristische Sekunde“, die die Klägerseite die Sicherheit früher oder später erhält.




PRAXISTIPP

Diese Sichtweise greift zu kurz. Das zeigt bereits ein Blick auf die Folgen der Zwangsvollstreckung eines Zug-um-Zug-Urteils:

Bei der Vollstreckung eines Zug-um-Zug-Urteils würde die – hier ja bestehende – Vorleistungspflicht nämlich dadurch umgangen, dass dem Gerichtsvollzieher der Gläubigerverzug nachgewiesen wird. Der Schuldner muss dann erfüllen, dass das Zurückbehaltungsrecht entfällt. Hätte das Landgericht mithin neben dem Zug-um-Zug-Urteil auch – wie häufig von Klägerseite mit beantragt – zudem festgestellt, dass sich die Bank mit der Entgegennahme der Zahlung in Gläubigerverzug befinde, hätte eine Zwangsvollstreckung auf Herausgabe der Sicherheiten aus einem solchen rechtskräftigen Urteil Erfolg! Die Bank würde dann also trotz Vorleistungspflicht ohne Sicherheit dastehen. Es ist also unter dem Gesichtspunkt der Folgen der Zwangsvollstreckung offensichtlich, dass ein Antrag auf „Zug-um-Zug-Herausgabe“ und ein Antrag auf „Herausgabe nach Zahlung“ wirtschaftlich nicht auf das gleiche Interesse gerichtet sind und es keineswegs „nur“ um eine juristische Sekunde bei der Freigabe der Sicherheit geht. Das gilt im Übrigen auch dann, wenn mit der Klage kein Antrag auf Feststellung des Gläubigerverzugs gestellt wird, weil dieser auch nach Erlass des Urteils gegenüber dem Gerichtsvollzieher nachgewiesen werden könnte.

Wird daher in einem Prozess die Herausgabe der Sicherheit „Zug-um-Zug“ geltend gemacht, sind Ausführungen zu den zwangsvollstreckungsrechtlichen Folgen eines solchen Urteils erforderlich, insbesondere, wenn von Klägerseite flankierend hierzu auch der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs gestellt wird.



Beitragsnummer: 1135

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