Montag, 14. Januar 2019

Einseitige Rechtsfolgenbelehrung ausreichend

Tilman Hölldampf, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

Mit Beschluss vom 04.12.2018 – XI ZR 46/18 – hatte der Bundesgerichtshof über eine im Jahr 2004 erteilte Widerrufsbelehrung zu befinden, welche unter der Überschrift „Widerruf bei bereits ausgezahltem Darlehen“ den Verbraucher in „Ich“-Form darauf hinweist, dass er trotz Erhalt der Darlehensvaluta bereits während laufender Widerrufsfrist von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen kann, in diesem Fall jedoch dazu verpflichtet ist, dass Darlehen an die Bank zurückzuzahlen und gezogene Nutzungen herauszugeben. Dass der Darlehensnehmer zugleich erbrachte Zins- und Tilgungszahlungen zurückerhält, ist dort nicht erwähnt.

Der Bundesgerichtshof hält in seinem Beschluss fest, dass eine solche Belehrung nicht zu beanstanden ist. Denn grundsätzlich war nach damaliger Rechtslage bei Verbraucherdarlehen, anders als etwa bei Haustürgeschäften (§ 312 Abs. 2 BGB a.F.), eine Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht geschuldet. Die Bank hat mithin einen überobligatorischen Hinweis erteilt. Diesbezüglich nimmt der Bundesgerichtshof eine Unterteilung in zwei Fallgruppen vor.

Unzulässig sind nach Auffassung des Bundesgerichtshofs zusätzliche Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Belehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken oder den Verbraucher verwirren können. Zulässig sind dagegen nach Auffassung des Bundesgerichtshofs inhaltlich zutreffende Ergänzungen, die dem Verbraucher die Rechtslage nach einem Widerruf seiner Vertragserklärung verdeutlichen und die Belehrung nicht unübersichtlich machen.

SEMINARTIPPS

VerbraucherKreditRecht2019, 01.04.2019, Würzburg.

19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.–22.10.2019, Heidelberg.

Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 11.11.2019, Würzburg.

Den Hinweis, dass der Verbraucher im Falle des Widerrufs erhaltene Leistungen zurück bezahlen muss, was insbesondere die Rückzahlung der erhaltenen Darlehensvaluta umfasst, hält der Bundesgerichtshof zu Recht für eine inhaltlich zutreffende Ergänzung, die die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung nicht beeinträchtigt. Denn der Verbraucher erhält hierdurch einen inhaltlich völlig zutreffenden und auch wichtigen Hinweis, da ihm erläutert wird, dass der Erhalt des Darlehens den Widerruf nicht hindert, er aber insbesondere, was mit Abstand die wirtschaftlich bedeutendste Position ist, zur Rückgewähr der Darlehensvaluta verpflichtet ist. Aus der Formulierung der Belehrung in „Ich“-Form gehe auch ausreichend hervor, dass die Belehrung lediglich die den Verbraucher treffende Verpflichtungen erläutern will, nicht jedoch eine vollumfängliche Darstellung der Rechtslage bezweckt. Der Umstand, dass die Verpflichtungen der Bank nicht erwähnt werden, ist daher nicht geeignet, den Verbraucher von der Erklärung des Widerrufs abzuhalten.

PRAXISTIPP

Durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 04.12.2018 – XI ZR 46/18 – ist nunmehr auch eine der letzten noch offenen Rechtsfragen, Widerrufsbelehrungen im Zeitraum bis 10.06.2010 betreffend, beantwortet. Denn von Verbraucherseite wurde häufig unter Bezugnahme auf die nicht einschlägige Rechtslage zu Haustürgeschäften (§ 312 Abs. 2 BGB a.F.) behauptet, auch bei Verbraucherdarlehensverträgen müsste über die Rechtsfolgen des Widerrufs in beiderseitiger Hinsicht belehrt werden. Dass dem nicht so ist, hat der Bundesgerichtshof nunmehr klargestellt und dabei die rechtlich zu beantwortenden Fragen völlig zutreffend eingeordnet. Zunächst einmal besteht keine Verpflichtung, bei Verbraucherdarlehensverträgen über die Rechtsfolgen des Widerrufs zu belehren. Eine parallele zu Haustürgeschäften, bei welchen eine solche Verpflichtung durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, kann daher nicht gezogen werden. Zutreffend geht der Bundesgerichtshof weiter davon aus, dass nicht jeder durch die Bank zusätzlich erteilte Hinweis automatisch zu einer Unwirksamkeit der erteilten Widerrufsbelehrung führt. Vielmehr sind zusätzlich erteilte Hinweise grundsätzlich als zulässig anzusehen, wenn diese inhaltlich zutreffend sind. Bei dem Hinweis, dass der Darlehensnehmer die Darlehensvaluta im Falle des Widerrufs zurückzahlen und Nutzungen herausgeben muss, ist dies der Fall. Etwas anderes könnte bei inhaltlich zutreffenden Hinweisen nur dann gelten, wenn diese einen derart eigenständigen Erklärungsinhalt aufweisen, dass sie geeignet sind, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten. Wie der Bundesgerichtshof jedoch zurecht hingewiesen hat, ist dies bei der Erläuterung, dass der Darlehensnehmer erhaltene Leistungen herausgeben muss, nicht der Fall, zumal die erteilte Belehrung aufgrund ihrer Gestaltung auch nicht den Eindruck erweckt hat, dass die Bank zu einer Heraushabe durch sie erhaltener Leistungen nicht verpflichtet wäre. Dabei wird man insbesondere auch im Auge behalten müssen, dass im Falle eines Widerrufs während noch laufender Widerrufsfrist in den seltensten Fällen überhaupt bereits eine Ratenzahlung durch den Darlehensnehmer erfolgt ist. Hat eine solche erste Ratenzahlung durch den Darlehensnehmer bereits stattgefunden, so ist diese im Verhältnis zu dessen Verpflichtung, die gesamte Darlehensvaluta herauszugeben, wirtschaftlich von völlig untergeordneter Bedeutung. Auch bei tatsächlicher Betrachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs daher zutreffend.



Beitragsnummer: 1064

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