Montag, 14. Januar 2019

Umfang von Informationspflichten einer Treuhandkommanditistin

Dr. Ulrike Suendorf-Bischof, Rechtsanwältin, Thümmel, Schütze & Partner

Der 10. und 14. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hatten in jüngster Zeit in mehreren gleichgelagerten Berufungsverfahren über den Umfang von Informationspflichten einer Treuhandkommanditistin gegenüber den Gesellschaftern nach Anteilserwerb zu befinden. Hintergrund war folgender Sachverhalt:

Anleger, denen Anteile an einem geschlossenen Fonds von dritter Seite vermittelt worden waren, machten u. a. gegen die Treuhandkommanditistin des Fonds Schadensersatzansprüche geltend. Zur Begründung ihres Anspruchs führten die Kläger jeweils aus, dass die Beklagte die in der Gesellschafterversammlung nicht anwesenden Gesellschafter nicht über einen Wortbeitrag einer in der Gesellschafterversammlung anwesenden Rechtsanwältin informiert habe, welchen diese zum Thema „Verjährung von Ansprüchen von Anlegern/Gesellschaftern gegen die die Beteiligung anlagevermittelnden Banken“ in der Gesellschafterversammlung im September 2011 gemacht hatte. Der Beklagten wurde vorgeworfen, den Wortbeitrag zum Thema Verjährung von Ansprüchen den Anlegern bewusst nicht mitgeteilt zu haben, obwohl in der Gesellschafterversammlung ein entsprechender Antrag auf Protokollierung gestellt worden sei. Die Klägerseite sah hierin einen Verstoß gegen die einer Treuhandkommanditistin gegenüber den Gesellschaftern aus dem Treuhandverhältnis bestehenden Treuepflichten (§ 675 BGB i. V. m. § 666 BGB). Durch die bewusste pflichtwidrige Nichtinformation der Gesellschafter seien den jeweiligen Klägern gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche entstanden, da sie wegen der unterlassenen Information über die drohende Verjährung die rechtzeitige Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber den anlagevermittelnden Banken versäumt hätten.

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Sowohl die 8. wie auch die 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hatten in erster Instanz die Klagen der Gesellschafter u. a. mit Urt. v. 21.07.2017 (Az.: 8 O 345/16) und Urt. v. 06.12.2017 (Az.: 13 O 353/16) im vollen Umfang abgewiesen. Beide Zivilkammern begründeten ihre Entscheidungen u. a. damit, dass ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Treuhandvertrag gegen die Treuhandkommanditistin nicht gegeben ist, da die Treuhandkommanditistin nicht verpflichtet war, den Treugeber über den drohenden Eintritt der Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen anlagevermittelnde Banken zu informieren. Eine Treuhandkommanditistin sei nicht zu einer allgemeinen Rechtsberatung hinsichtlich der Durchsetzung derartiger Ansprüche verpflichtet. Bei der Durchsetzung etwaiger Ansprüche des Anlegers zur berücksichtigenden absoluten Verjährungsregelung handele es sich – so beide Zivilkammern übereinstimmend – jedoch um eine allgemeine Rechtstatsache, über die nicht durch die Treuhandkommanditistin aufzuklären ist, zumal die Treuhandkommanditistin vorliegend nicht über ein irgendwie geartetes spezifisches Sonderwissen verfüge. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass diese Rechtstatsache im Rahmen einer Gesellschafterversammlung im Vorfeld des Eintritts der Verjährung besprochen worden sei. Zudem verfüge die Treuhandkommanditistin nicht über gesonderte Kenntnisse darüber, ob auch im konkreten Fall der jeweiligen Klägerseite Beratungspflichtverletzungen im Raum stünden. Eine klare Absage erteilten beide Zivilkammern des Landgerichts Düsseldorf auch den von Klägerseite geltend gemachten deliktischen Ansprüchen gegen die Beklagten. Hier hielten beide Kammern übereinstimmend fest, dass unabhängig davon, dass es bereits an einer Pflichtverletzung fehlt, auch nichts für ein besonders verwerfliches Verhalten der Beklagten spricht, was Voraussetzung für eine Haftung nach § 826 BGB wäre. Denn ein bloßes Unterlassen stelle noch keine Verletzung der guten Sitten dar. Mit entsprechender Begründung wurden auch die Klagen gegen den Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der Fondsgesellschaft, welcher für die Erstellung des Protokolls für die Gesellschafterversammlung zuständig war, wie auch gegenüber der Fondsverwaltungsgesellschaft abgewiesen. Eine Protokollierung des Wortbeitrags im Protokoll der Gesellschafterversammlung sei schon deshalb nicht geboten gewesen, da gemäß der Satzung der Fondsgesellschaft nur Beschlüsse zu protokollieren waren.

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Im sich anschließenden Berufungsverfahren bestätigten auch beide für die Berufungsverfahren jeweils zuständigen Senate des OLG Düsseldorf die erstinstanzlichen Entscheidungen des Landgerichts Düsseldorf. In den jeweils ergangenen Hinweis- und Zurückweisungsbeschlüssen stellten sowohl der 10. wie auch der 14. Zivilsenat des OLG Düsseldorf in Bezug auf die Pflichten einer Treuhandkommanditistin zunächst klar, dass die Erteilung von Hinweisen zur Ermöglichung der Durchsetzung etwaiger Schadensersatzansprüche der Treugeber gegen die Gründungsgesellschafter einer Fondsgesellschaft wegen Prospekthaftungsansprüchen bzw. gegen die Anlageberater wegen Anlageberatungsfehlern im Grundsatz nicht zum Pflichtenkreis eines mit der treuhänderischen Verwaltung einer Fondsbeteiligung befassten Treuhandkommanditisten/Treuhänderin gehört (vgl. hierzu Hinweisbeschluss vom 09.07.2018 und Zurückweisungsbeschluss vom 06.09.2018 des OLG Düsseldorf Az.: I-10 U 22/18 u. I-10 W 27/18 sowie Hinweisbeschluss vom 19.07.2018 und Zurückweisungsbeschluss vom 17.09.2018 des OLG Düsseldorf Az.: I-14 U 15/18). Zudem hielten beide Senate fest, dass die drohende Verjährung von Schadensersatzansprüchen ein allgemeines und allgemein bekanntes Risiko darstelle, mit dem im Grundsatz jeder Anspruch behaftet sei, weswegen auch deswegen ein Treuhandkommanditist/Treuhänder in der Regel keine Veranlassung dazu hat, die Treugeber auf die drohende Verjährung von Ansprüchen gegen die Gründungsgesellschafter und Anlageberater hinzuweisen, sofern sich – wie in den betroffenen Fällen – der Treuhandauftrag nicht auf diese Ansprüche erstreckt. Ob etwas anderes gelten kann, wenn die Treuhandkommanditistin mit der Vertretung der jeweiligen Kläger in der Gesellschafterversammlung beauftragt worden wäre – wofür vorliegend nichts sprach –, wurde offengelassen (vgl. hierzu auch die zu gleichgelagerten Fällen ebenfalls ergangenen Entscheidungen des OLG Düsseldorf v. 19.07. u. v. 17.09.2018, Az.: I-14 U 28/18 zum Urteil des LG Düsseldorf v. 20.12.2017, Az. 13 O 342/16 sowie v. 07.06. u. v. 06.09.2018, Az.: I-10 U 26/18 zum Urteil des LG Düsseldorf v. 09.11.2017, Az. 13 O 347/16)

PRAXISTIPP

Aufgrund vorstehender Entscheidungen steht fest, dass eine Treuhandgesellschaft nicht verpflichtet ist, einen Kapitalanleger nach Vertragsschluss auf das Bestehen etwaiger Ansprüche des Kapitalanlegers gegenüber Dritten hinzuweisen, die am Rechtsverhältnis nicht unmittelbar beteiligt sind. Die Pflichten des Treugebers sind jeweils auf die Anlage selbst und das damit verbundene Risiko bezogen.

Aus vorstehenden Entscheidungen ergibt sich weiter, dass In einer Gesellschafterversammlung stets darauf zu achten ist, dass nur das gemäß Satzung Notwendigste protokolliert wird. Sobald neben protokollierungspflichtigen Beschlüssen auch Wortbeiträge protokolliert werden, obwohl für letztere nach der Satzung kein Erfordernis besteht, kann dies zu einem Einfallstor für Verbraucherschutzanwälte werden, die ihre Wortbeiträge im Protokoll wiedergegeben wissen wollen. Denn dann muss die Gesellschaft triftige Gründe darlegen, weshalb sie bestimmte Wortbeiträge protokolliert und andere nicht protokolliert hat.



Beitragsnummer: 1062

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