Montag, 14. Januar 2019

Keine Aufklärung über Schiffsgläubigerrechte

Dr. Heinrich Eva, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

Das OLG Frankfurt/M. hat mit Beschluss vom 15.11.2018, Az. 3 U 152/17, erstmals entschieden, dass eine Bank eine Aufklärung über Schiffsgläubigerrechte nicht schuldet.

In dem vom OLG Frankfurt/M. entschiedenen Fall nahm der Kläger die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen einer behaupteten fehlerhaften Kapitalanlageberatung in Anspruch. Dabei hat der Kläger u. a. behauptet, er sei über das Risiko der Schiffsgläubigerrechte sowie das Risiko der Anwendung ausländischen und internationalen Rechts (maritime Liens) weder mündlich noch durch den Prospekt aufgeklärt worden.

SEMINARTIPP

Hamburger Wertpapier-Tage: Aufsichtsrecht & Verbraucherschutz, 15.–16.05.2019, Hamburg.

In den Gründen führt das OLG Frankfurt/M. aus, dass der Kläger bereits verkenne, dass nicht über jedes Risiko aufgeklärt werden müsse, sondern nur über solche Risiken, mit deren Verwirklichung ernsthaft zu rechnen sei oder die jedenfalls nicht nur ganz entfernt liegen. Dabei liege das allgemeine Risiko, dass die Verwirklichung des Anlagekonzepts bei pflichtwidrigem Handeln der verantwortlichen Personen gefährdet sei, auf der Hand und bedürfe grundsätzlich keiner besonderen Aufklärung. Mit einem gesetzeswidrigen oder vertragsbrüchigen Verhalten müsse ohne konkrete Anhaltspunkte, die in Bezug auf den streitgegenständlichen Fonds nicht dargelegt seien, nicht gerechnet werden.

In Bezug auf das Anlageobjekt habe sich die Beratung zudem auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können und die nicht allgemein bekannte Risiken beinhalten. Die Frage der Ausgestaltung der Schiffsgläubigerrechte im ausländischen und internationalen Recht habe keine wesentliche Bedeutung für die Anlageentscheidung. Jedem Anleger sei klar, dass ein Containerschiff dazu bestimmt werde, Waren durch die Welt in internationale Häfen zu transportieren und daher mit ausländischen und nationalen Rechtsordnungen in Berührung komme und dem dortigen Recht unterliegen könne. Das aus dem wirtschaftlichen Leistungsvermögen des Charterers resultierende Folgerisiko der Entstehung von Schiffsgläubigerrechten sei deshalb auch nicht gesondert aufklärungsbedürftig.

PRAXISTIPP

Entgegen einer am LG Frankfurt/M. weit verbreiteten Ansicht hat sich das OLG Frankfurt/M. erstmals auf den Standpunkt gestellt, dass das Risiko der Schiffsgläubigerrechte nicht aufklärungsbedürftig ist. Damit steht diese Entscheidung im Einklang mit der gefestigten oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach das Risiko der Schiffsgläubigerrechte regelmäßig kein spezifisches Risiko der Kapitalanlage darstellt, über das gesondert aufzuklären ist (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 29.09.2016, Az. 34 U 321/15; Urt. v. 26.11.2015, Az. 34 U 105/15, bestätigt durch BGH mit Beschl. v. 18.08.2016, Az. III ZR 35/16; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.04.2016, Az. I-16 U 30/15; OLG München, Beschl. v. 29.05.2018, Az. 5 Kap 1/17; vgl. auch Dr. Heinrich Eva in BTS 2018 S. 100). Ob sich auch weitere Senate des OLG Frankfurt/M. dieser Auffassung anschließen werden, bleibt abzuwarten. Mit der Entscheidung des 3. Zivilsenates dürfte es nunmehr für die Verbraucherkanzleien schwerer werden, klagestattgebende Urteile am LG Frankfurt/M. zu erzielen. In der Praxis empfiehlt es sich daher, in den beim LG Frankfurt am Main rechtshängigen Verfahren auf den aktuellen Beschluss des OLG Frankfurt/M. hinzuweisen, um die Richter zur Abkehr ihrer bisher gegenteilig vertretenen Auffassung bewegen zu können.



Beitragsnummer: 1059

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