Kristin Viereck, Bereichsleiterin Revision & Compliance, FCH-Gruppe
Nach den MaRisk dürfen Revisionsmitarbeiter grundsätzlich nicht mit revisionsfremden Aufgaben betraut werden. Unabhängig hiervon ist sicherzustellen, dass miteinander unvereinbare Tätigkeiten durch unterschiedliche Mitarbeiter durchgeführt und Interessenskonflikte vermieden werden. Allerdings hat die Revision auch eine beratende Funktion, wonach sie unabhängig von ihren Prüfungstätigkeiten mit ihrem Fachwissen und ihren Erfahrungen als unabhängige Dritte, wie in Projekten, beratend/begleitend den anderen Organisationseinheiten in den Instituten zur Verfügung stehen darf.
Die BaFin ging in ihrer Stellungnahme sogar noch einen Schritt weiter und erläutert unter Berücksichtigung der MaRisk, dass Interessenkonflikte dadurch vermieden werden können, wenn sich die Revision mit den Organisationseinheiten einigt, dass ein über den beratenden/begleitenden Einsatz hinausgehender Einsatz eines Revisors außerhalb des Prüfungsbereichs erfolgt. Dies wäre beispielsweise möglich, wenn ein Filialprüfer im Kreditbereich eingesetzt wird, der aufgrund der Pandemie ohnehin angehalten ist, keine Vor-Ort-Prüfungen in den Filialen durchzuführen und der Marktfolgebereich aufgrund erhöhter Fallzahlen an Tilgungsaussetzungen und Förderanträgen Engpässe aufweist.
Um Transparenz zu gewährleisten und getreu dem Motto „Dokumentation ist alles“, ist für die spätere Nachvollziehbarkeit und Nachweisbarkeit zu dokumentieren, welcher Mitarbeiter wann welchen Bereich unterstützt hat.
SEMINARTIPPS
Schlanke Revisions- & Prüfungs-Prozesse, 06.10.2020, Frankfurt/M.
Projektbegleitung & Projektprüfung durch die Interne Revision, 03.12.2020, Frankfurt/M.
Im Falle eines tatsächlichen Notbetriebs und der Unterstützung anderer Bereiche ist die Prüfungsplanung jedoch auch nicht zu vernachlässigen. Eine Aussetzung des Prüfungsplans bzw. ein Verzicht auf einzelne Prüfungen ist nicht möglich. Die Prüfungsplanung ist dahingehend zu überprüfen, inwieweit die geplanten und noch offenen Prüfungen ordnungsgemäß durchgeführt werden können. Ausnahmen bestehen gemäß BaFin lediglich dahingehend, dass sodann zeitliche Verschiebungen von bestimmten Prüfungen insgesamt vertretbar wären. Unabhängig hiervon ist die Prüfungsplanung ohnehin risikoorientiert, sodass gewisse Gestaltungsspielräume bestehen und die ursprüngliche Planung grundsätzlich (unter Risikogesichtspunkten) veränderbar ist. Dies spielt i. d. R. insbesondere immer dann eine Rolle, wenn es zur Durchführung einer notwendigen Sonderprüfung kommt und die eingeplanten Reserven nicht ausreichen.
Im Rahmen der Krise kann es hier ggf. unabdingbare Sonderprüfungen geben. Aufgrund der schlagartigen Auswirkungen auf die Wirtschaft und damit einhergehenden unzähligen Rundschreiben der Aufsicht, Verbände und Co., wurden diverse (Kredit-)Prozesse sehr kurzfristig verändert und an die momentane Ausgangslage angepasst. Da sich die Ergebnisse komplett überschlugen, schloss eine Änderung im Prozessablauf eine weitere, darauffolgende Änderung nicht aus. Durch die Kurzfristigkeit und Schnelllebigkeit der zu berücksichtigenden und anwendbaren Prozesse in Folge der täglichen Informations- und Auftragsflut konnten diese nicht in die regulären Arbeitsanweisungen verankert werden. Zudem ist teilweise auch nach dem aktuellen Stand nur schwerlich abzugrenzen, welche der Prozesse in die reguläre Praxis („nach Corona“) übergehen und sich nachhaltig etablieren können.
BERATUNGSTIPP
Ihre Revision – Fit für den Sparkassen-Betrieb der Zukunft.
Aufgrund der zahlreichen Erleichterungen und Maßnahmen ist nur schwer abschätzbar, ob in jener Zeit der Pandemie die jeweils punktuell gültigen Prozesse und Kontrollhandlungen entsprechend eingehalten wurden.
Im Rahmen künftiger Prüfungen könnten genau diese vorgenannten Aspekte Schwierigkeiten mit sich bringen oder aber die Prüfungsergebnisse positiv sowie negativ beeinflussen. Sachverhalte, die zuvor als Mängel galten und Feststellungen die Folge gewesen wären, sind für den Zeitraum der Krise nichtig bzw. neu zu bewerten.
Aufgrund der zahlreichen veröffentlichten Ausnahmen und Auslegungen der BaFin dürfte sich u. a. die Funktionstrennung als prägnantes Beispiel bei risikorelevanten Geschäften/Kreditentscheidungen entpuppen. So wird das Votum des Marktes bei Kreditanfragen aufgrund krisenbedingter Schwierigkeiten von Bestandskunden als ausreichend angesehen, wenn eine Nachvotierung durch die Marktfolge zeitnah (innerhalb von drei Monaten) erfolgt. Sollte das zweite Votum negativ ausfallen, sind risikobegrenzende Maßnahmen sicherzustellen.
Die unzähligen gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Veränderungen, welche die Pandemie bislang mit sich brachte und ggf. noch mit sich bringen wird, werden die gesamte Wirtschaft zwangsläufig über einen langen Zeitraum begleiten und an der ein oder anderen Stelle einholen. Nicht zuletzt die Kreditinstitute erlebten hierbei einen erheblichen Wandel, angefangen von Berater über Marktfolge bis hin zur Revision und der Geschäftsführung! Ob es tatsächlich eine Ausnahmesituation darstellt oder aber die Strategien grundsätzlich angepasst werden müssen, sollte hierbei hinterfragt werden.
PRAXISTIPPS
- Die Krise und die zunehmende Digitalisierung der Bankprozesse sollte zum Anlass genommen werden, Revisionsprozesse grundlegend zu überdenken und die hauseigene Revisionsstrategie anzupassen.
- In dem Zusammenhang sollten auch Prüfungsverfahren und -techniken auf den Prüfstand gestellt und auf die fortwährend digitalisierte Bankenwelt ausgerichtet werden.
Beitragsnummer: 10555