Mitarbeiter im Meldewesen sind wahrlich nicht zu beneiden. Die Dynamik, die sich in den letzten Jahren im Bereich Kreditmeldewesen entfaltet hat, ist enorm und wird auch weiterhin hoch bleiben. Das Anzeige- und Meldewesen befindet sich angesichts von Änderungen bestehender sowie der Einführung komplett neuer Meldepflichten in einer großen Umbruchphase. Dabei sind zentrale Herausforderung neben der Umsetzung der neuen regulatorischen Vorgaben die gestiegenen Anforderungen an Qualität und Quantität der Meldedaten.
Der EZB-Beschluss zur Umsetzung von AnaCredit setzt die Häuser unter erheblichen Zugzwang. Die laufenden Umsetzungsprojekte zeigen es deutlich – der stufenweise Aufbau einer hochgranularen Kreditdatenbank ist sehr komplex mit gravierenden Auswirkungen auf die institutsinternen Datenhaushalte und damit auch auf die gesamte Prozessorganisation. Die Zeit läuft – die erste Phase mit Testlieferungen von Stamm- und Kreditdaten wurde bereits im vierten Quartal 2017 durchgeführt und mit der ersten Stammdatenanzeige ab Januar 2018 und der endgültigen vollumfänglichen Meldung im September 2018 müssen die prozessualen und datentechnischen Voraussetzungen geschaffen werden, damit die betreffenden Kreditnehmer und Kredite gemeldet werden können. Aus den neu zu meldenden fast 100 Attributen erhalten die Deutsche Bundesbank und die EZB eine noch nie da gewesene Transparenz mit entsprechenden Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten.
Die Zusammenführung von Kunden-, Kredit- und Sicherheitendaten für die betroffenen Kreditarten aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen und Datenhaushalten (u. a. Meldewesen, Bilanzierung, Kreditrisikomanagement) ist für die Umsetzung der AnaCredit-Vorgaben unumgänglich, weshalb umfangreiche Datenqualitätsmaßnahmen sowie Anpassungen in Quellsystemen/Prozessen unvermeidlich sind. Die große Herausforderung bei AnaCredit-Projekten wird letztlich sein, dass bankweit effiziente Prozesse die Meldungsabgaben sicherstellen müssen. Dies bedeutet, dass vom Kundenanlageprozess bis zum Kreditabwicklungsprozess die Datenerfassung integriert und in hoher Qualität erfolgen muss. Damit wird die Umsetzung von AnaCredit in alle wesentlichen Markt- und Marktfolgeprozesse der Banken eingreifen.
Hinzu kommen Abhängigkeiten bzw. Schnittstellen zu anderen aufsichtsrechtlichen Vorgaben wie Groß-/Mio.-Meldewesen, FINREP/Forbearance, BCBS 239, IFRS 9 und neuen MaRisk, die zwingend bei der Umsetzung zu berücksichtigen sind.
Mit der Veröffentlichung der finalen EBA-Guidelines zu Gruppe verbundener Kunden (u. a. 3-stufiges Prüfsystem, Kontrollindikatoren) sowie den aktuellen Neuerungen aus der BaFin-Konsultation 04/2017 zu Änderungen im Groß-/Mio.-Meldewesen stehen bereits die nächsten Änderungen und Präzisierungen im Kreditmeldewesen vor der Tür.
In diesem Sinne herzliche Grüße und viel Spaß beim Lesen
Ihr Jürgen Blatz, Bereichsleiter Kreditgeschäft, Finanz Colloquium Heidelberg GmbH