Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In einem Verfahren, in welchem ein Verbraucher der Auffassung war, dass ein Kreditinstitut auch bei Verwendung des gesetzlichen Antragsformulars nach Anlage 3 zu § 33 Abs. 2 ZKG verpflichtet ist, ihm ein Basiskonto zu eröffnen, hält das Landgericht Bonn in seiner Entscheidung vom 09.12.2024, 17 O 333/24, mit umfassender Begründung fest, dass dem Verbraucher ein solcher Anspruch nicht zusteht. Vielmehr, so das LG Bonn weiter, könne ein Kreditinstitut die Eröffnung eines Basiskontos von der Nutzung ihres für die Eröffnung eines Basiskontos vorgesehenen „hauseigenen" Formulars abhängig machen. Hierzu führt das Landgericht Bonn aus:
„Es existiert keine Vorschrift, die Bankinstituten die Verwendung eines eigenen Formulars oder die Erhebung zusätzlicher Angaben verbieten würde. Aus § 33 ZKG ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, ausschließlich das Formular der Anlage 3 zu § 33 ZKG für die Eröffnung eines Basiskontos zu verwenden. Nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 2 S. 2 ZKG "soll" der Berechtigte dieses Formular nutzen. Aus § 33 Abs. 2 S. 2 ZKG folgt lediglich, dass der Verpflichtete den Antrag des Berechtigten bei Verwendung des Musters der Anlage 3 zu § 33 ZKG nicht ablehnen darf. Das vollständig ausgefüllte Formular löst die Fiktion eines vollständigen Antrags aus (§ 33 Abs. 2 S. 3 ZKG).
Entgegen der Auffassung des Antragstellers trifft indes das ZKG keine Regelung zu den Einzelheiten des auf diesen Antrag hin gemäß § 31 Abs. 2 ZKG ergehenden Angebots des Kreditinstituts auf Abschluss eines Basiskontovertrages, insbesondere ob und welche Formulare hierfür zu verwenden sind.
Auch die Gesetzessystematik bestätigt den im Wortlaut zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen, die Kreditinstitute zunächst (lediglich) zu einem möglichst unverzüglichen Vertragsangebot zu verpflichten, das noch der Annahme durch den Berechtigten bedarf. Der Wille des Gesetzgebers kommt im Besonderen in der Regelung des § 48 Abs. 1 S. 2 ZKG zum Ausdruck. Dieser regelt in Satz 1 Nr. 1 bis 3, in welchen Fällen der Berechtigte die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens beantragen kann, nämlich wenn der Verpflichtete den Antrag des Berechtigten auf Abschluss eines Basiskontovertrages ablehnt, über den Antrag nicht innerhalb der gesetzten Frist entscheidet oder innerhalb von zehn Geschäftstagen nach Abschluss eines Basiskontovertrages das Basiskonto nicht eröffnet. In Satz 2, in dem die Verringerung oder Verlängerung der Frist geregelt ist, wird dabei klar zwischen dem Antrag des Berechtigten auf Abschluss eines Kontovertrages einerseits, der dem Verpflichteten zugehen muss, und dem sich daran anschließenden Angebot des Verpflichteten auf Abschluss eines Basiskontovertrags andererseits, dass dem Berechtigten zugehen muss, und schließlich der Annahme dieses Angebots durch den Berechtigten gegenüber dem Verpflichteten unterschieden. Der Gesetzgeber hat damit eindeutig den Willen zu einem dreistufigen System zum Ausdruck gebracht, wobei sich auch aus der Gesetzesbegründung, in der davon die Rede ist, dass „binnen zehn Geschäftstagen nach Eingang des vollständig ausgefüllten Antrags (§ 33 ZKG) des Berechtigten" „der Verpflichtete diesem den Abschluss eines Basiskontovertrages anzubieten" habe, kein davon abweichender Wille ergibt (BT-Drucks. 18/7204 S 76), vgl. OLG Köln, Beschluss vom 11.07.2024, Az. I – 12W 2/24). Insofern verfängt auch der Verweis des Klägers auf die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zum ZKG, aus der hervorgeht, dass der Berechtigte in seinem eigenen Interesse und im Interesse der Überprüfbarkeit der Angaben durch den Verpflichteten, aus Beweisgründen sowie zur Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens nach § 48 das Formular in Anlage 3 zu diesem Gesetz nutzen sollte (vgl. BT-Drucks. 18/7204, S. 77), nicht.
Teleologisch meint das „vollständig Ausfüllen" des Formulars das Eintragen aller erfragten Informationen, sofern im konkreten Fall einschlägig, mit zutreffendem Inhalt.
Rechtsfolge eines vollständigen „Antrags" ist dann ein Anspruch auf Abschluss eines Basiskontovertrags (§ 31 Abs. 1 S. 1 ZKG) (vgl. Herresthal in MüKo-HGB, 4. Auflage, Das Giroverhältnis, Rn. 189). Diesen Anspruch hat die Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt. Vielmehr ist sie ausweislich des vorgelegten Schreibens vom 24.06.2024 gewillt, für den Antragsteller ein Basiskonto zu eröffnen.
Die Antragsgegnerin hat den mit dem vollständig ausgefüllten Formular verbundenen Kontrahierungszwang mit ihrem Angebot auf Eröffnung eines Basiskontos anerkannt und ist ausdrücklich gewillt, dem Antragsteller ein Basiskonto einzurichten. Damit ist sie ihrer in § 31 Abs. 2 ZKG normierten Pflicht nachgekommen. Danach ist das Kreditinstitut auf der Grundlage eines vollständig ausgefüllten Antrags nach § 33 ZKG lediglich zur Abgabe eines Vertragsangebotes (§ 145 BGB) verpflichtet (vgl. Bülow, in: Bülow/Artz, Zahlungskontengesetz (ZKG), 1. Auflage 2017, § 33 ZKG, Rn. 7).
Soweit der Antragsteller die Auffassung vertritt, dass eine Verpflichtung zur Verwendung des beklagtenseits zur Verfügung gestellten Formulars gegen die Zielsetzung der Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.07.2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontenentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Richtlinie 2014/92/EU) sowie der Empfehlung 2011/442/EU der Kommission vom 18.07.2011 über den Zugang zu einem Konto mit grundlegenden Zahlungsfunktionen („Basiskonto") verstoße und sich aus diesen europarechtlichen Vorgaben ein Anspruch darauf entnehmen lasse, dass die Bank keine weiteren Formulare zur Durchführung des Vertragsabschlusses nutzen dürfe und dass Nicht-Akzeptieren des gesetzlichen Formulars eine Diskriminierung darstelle, teilt die Kammer auch diese Rechtsauffassung nicht.
Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 31 Abs. 2 ZKG sowie den durch die Gesetzessystematik bestätigten gesetzgeberischen Willen wäre das nationale Gericht gehindert, eine dergestaltige Auslegung anzustellen, dass die Bank an der Verwendung eigener Formulare zur Bewirkung des Vertragsabschlusses gehindert wäre. Die nationalen Gerichte sind zwar nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und aufgrund des Umsetzungsgebots gem. Art. 288 Abs. 3 AEUV und des Grundsatzes der Gemeinschaftstreue gem. Art. 4 Abs. 3 EUV verpflichtet, die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen. Dies findet indes dort seine Grenze, wo die nationale Vorschrift nicht richtlinienkonform ausgelegt werden könnte, ohne dabei die Grenzen der verfassungsrechtlichen Bindung des Richters an das Gesetz zu sprengen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 11.07.2024, Az. I - 12W 2/24).
Davon abgesehen behindert § 31 Abs. 2 ZKG die Erreichung der in der Richtlinie 2014/02/EU vorgesehene Ziele auch nicht. Denn aus den Erwägungsgründen der Richtlinie 2014/02/EU ergibt sich das Ziel, eine breitere Teilnahme der Verbraucher am Binnenmarkt zu erreichen, um für Zahlungsdienstleister weitere Anreize zu setzen, in neue Märkte einzutreten, und allen Verbrauchern Zugang zu einem Zahlungskonto zu gewähren und etwaige Wechsel des Kontos zu erleichtern. Der Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen soll dabei diskriminierungs- und stigmatisierungsfrei erfolgen (s. Erwägungsgründe Nr. 7, 38). Insbesondere diesem Zweck der Richtlinie steht die nationale Vorschrift des § 31 Abs. 2 ZKG nicht entgegen, sondern stellt vielmehr eine geeignete Maßnahme der Zielerreichung dar, da zum einen allen Verbrauchern auch nach den nationalen Vorschriften unter den Voraussetzungen, die die Richtlinie vorsieht, ein Anspruch auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen zusteht und zum anderen Verbraucher, die einen Zugang zu einem Zahlungskonto mit weitergehenden Funktionen begehren, in der Regel gleichermaßen verpflichtet sind, einen entsprechenden von den Zahlungsdienstleistern vorformulierten Vertrag zu unterzeichnen (OLG Köln, Beschluss vom 11.07.2024, Az. I-12W 2/24).
Diesen Zugang zu einem Zahlungskonto möchte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ausweislich ihres Schreibens vom 24.06.2024 gerade ermöglichen. Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass die Antragsgegnerin in ihrem Formular Informationen verlangt, deren Abgabe dem Antragsteller unzumutbar wären oder deren Abfrage lediglich dazu dienen würde, den Anspruch des Antragstellers auf Kontoeröffnung zu erschweren."
PRAXISTIPP
Entscheidungen der vorstehenden Art wird es in der Regel kaum geben. Dies deshalb, weil es selten Verbraucher geben wird, die darauf beharren, dass ein Kreditinstitut auf einem „selbst gebastelten" und dem gesetzlichen Antragsformular nach Anlage 3 zu § 33 Abs. 2 ZKG entsprechenden Antrag hin die Eröffnung eines Basiskontos vornimmt und welche sich vehement „mit Händen und Füßen" dagegen wehren, dass ihnen vom Kreditinstitut zur Eröffnung des Basiskontos zur Verfügung gestellte institutseigene Formular zu verwenden. Umso begrüßenswerter ist es, dass sich ein Instanzgericht so viel Mühe macht, um sachlich argumentativ, umfassend und überzeugend darzulegen, dass und aus welchen Gründen dem Verbraucher ein solcher Anspruch nicht zusteht.
Beitragsnummer: 22872