Dr. Thomas Kohlhase, Senior Credit Analyst, Fixed Income, Ampega Asset Management GmbH, Schwerpunkte: Bankenanalyse, Energie & Versorgung, Nachhaltigkeit, Emerging Market Credits
I. Globale Leitzinswende und Disinflation? Beides kommt, aber langsamer als erwartet
Anfang Juni 2024 war es endlich so weit: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erstmals seit rund fünf Jahren den Leitzins gesenkt (auf aktuell: 3,75 %). Damit folgte die EZB der Bank of Canada (BOC), welche die erste unter den G7-Zentralbanken im aktuellen Zinszyklus ist, welche die Leitzinsen zuvor ihrerseits senkte. Zwar entsprach in beiden Fällen die Zinssenkung den Erwartungen der Marktteilnehmer, gleichwohl dürfte der begonnene Zinssenkungspfad nicht so schnell und steil erfolgen wie der seit 2022 erfolgte Zinsanstieg. Infolge von Energiepreisinflation, Lieferkettenengpässen und Russland-Ukraine-Krieg war Ende 2021/Anfang 2022 die Inflation rund um den Globus in die Höhe geschnellt und die EZB hatte den Leitzins als geldpolitische Reaktion zur Wahrung der Preisstabilität in weniger als 15 Monaten um 4,5 Prozentpunkte heraufgeschraubt.
Warum es so schnell mit den Zinsen nicht abwärts gehen dürfte, liegt an den Inflationserwartungen. Zweitrundeneffekte (Stichwort: Lohn-Preisspirale) sowie der Blick jenseits des Atlantiks auf das Handeln der noch vorsichtig bis zurückhaltend agierenden US-amerikanischen Zentralbank FED dürften hier den weiteren Lockerungspfad der EZB wesentlich beeinflussen. In den USA hielt sich zuletzt insbesondere die Kerninflation (ex-Nahrungsmittel und Energie) noch etwas hartnäckiger. Selbst wenn im laufenden Jahr noch zwei weitere Zinsschritte der EZB um jeweils 25 Basispunkte nach unten folgen sollten, wäre der Leitzins mit 3,25 % im Vergleich zu den letzten zwei Jahrzehnten für die Verhältnisse der noch „jungen“ Eurozone vergleichsweise hoch. Dies dürfte für viele Marktsegmente, wo Kreditinstitute aktiv sind, nicht ohne spürbare Folgen bleiben. Hierzu zählen: Refinanzierungsrisiken im Gewerbeimmobiliengeschäft, Anschlussfinanzierungen von hochverschuldeten Unternehmen (einschließlich Leverage Loans) und weniger solventen Privatkunden, anhaltende Nachfragezurückhaltung im Baufinanzierungsgeschäft sowie auch höhere Zinskosten für Staaten, insbesondere bei jenen Ländern, deren Verschuldung in den letzten Jahren spürbar im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftsleistung gestiegen ist (u. a. Frankreich).
II. Folgen aus „Higher for Longer“: Rekordergebnisse einerseits, Bankenturbulenzen andererseits [...]
Beitragsnummer: 22481
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